Aktuelle Studie: Hilft Vitamin D gegen Müdigkeit?
Chronische Müdigkeit – auch „Chronisches Erschöpfungs-Syndrom“ oder „Fatigue-Syndrom“ genannt – ist ein Zustand dauerhafter, extremer Müdigkeit, der durch Schlaf nicht gebessert werden kann. Weitere typische Symptome des Syndroms sind mangelnde Motivation, Konzentrationsschwäche sowie fehlende Energie. Chronische Erschöpfung kann enorme Auswirkungen auf die emotionale und psychische Gesundheit haben und die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken.
Obwohl bei der Diagnose des Fatigue-Syndroms meist keine eindeutige Ursache für das Auftreten der Symptome festgelegt werden kann, wurde ein Zusammenhang zum Vitamin D-Status vermutet. Die Wissenschaftler Nowak et al. führten 2016 die erste placebokontrollierte Doppelblindstudie durch, um die Wirkung von Vitamin D auf das chronische Erschöpfungssyndrom zu untersuchen.
An der Studie nahmen 120 Erwachsene teil, die jeweils sowohl am chronischen Erschöpfungssyndrom als auch an Vitamin D-Mangel (<20 ng/ml) litten. Während die Teilnehmer in der Versuchsgruppe eine einmalige Dosis von 100,000 IE Vitamin D erhielten, nahmen die Personen in der Kontrollgruppe ein Placebo ein.
Was ist eine placebokontrollierte Doppelblindstudie?
Bei einer placebokontrollierten Doppelblindstudie werden die Teilnehmer per Zufall in zwei Gruppen aufgeteilt: Die Personen in der Versuchsgruppe erhalten während der Studie das tatsächliche Medikament oder Präparat, während die Teilnehmer in der Kontrollgruppe ein Placebo bekommen. Ein Placebo ist eine Pille, die exakt so aussieht und schmeckt, wie das echte Medikament. Jedoch ist im Placebo keinerlei Wirkstoff enthalten. „Doppelblind“ bedeutet, dass sowohl die Versuchspersonen als auch die Ärzte, die die Pillen an die Versuchsteilnehmer aushändigen, nicht wissen, welches das echte Medikament und welches das Placebo ist.
Studienergebnisse
Vor der Einnahme des Präparats, sowie 30 Tage nach der Einnahme machten die Teilnehmer anhand einer anerkannten Skala zur Ermittlung des Erschöpfungssyndroms („Fatigue Assessment Scale“) Angaben zu ihrem körperlichen und geistigen Müdigkeitszustand.
Aus dem Vergleich der „vorher-nachher“-Angaben konnten die Wissenschaftler folgende Schlüsse ziehen:
- Die Erschöpfungssymptome der Vitamin D-Gruppe waren nach 30 Tagen signifikant geringer im Vergleich zur Placebo-Gruppe.
- In der Vitamin D-Gruppe berichteten mehr Personen von einer Verbesserung ihres Zustandes (72%) als in der Kontrollgruppe (50%).
- Die Verbesserung der Müdigkeitssymptome korrelierte positiv mit der Verbesserung des Vitamin D-Levels, d.h. je wacher und energievoller die Person sich fühlte, desto höher war auch ihr Vitamin D-Spiegel.
Aufgrund der Ergebnisse zog das Forschungsteam folgendes Fazit: „Unsere Studie zeigt, dass eine einmalige, orale Dosis von 100,000 IE an Vitamin D3 eine effektive, gut verträgliche und ökonomisch sinnvolle Behandlungsstrategie für Erwachsene mit chronischem Erschöpfungssyndrom ist.“
Fazit
Die Ergebnisse der Studie können aufgrund ihres Studiendesigns (doppelblind, placebokontrolliert) und einer angemessenen Anzahl an geeigneten Studienteilnehmer als aussagekräftig eingestuft werden. Es ist jedoch hervorzuheben, dass in der Studie eine einmalige, hohe Vitamin D-Dosis verabreicht wurde. Aus der Studie kann somit nicht eindeutig abgeleitet werden, welche Auswirkungen die tägliche Einnahme einer niedrigeren Vitamin D-Dosis auf das Fatigue-Syndrom hat. Hier bedarf es weiteren wissenschaftlichen Studien. Bei der Zufuhr von Vitamin D empfehlen Experten, eine tägliche Einnahme zu bevorzugen. Weiterhin gilt zu beachten, dass die Zufuhr von Vitamin D-Dosen über 5000 IE/Tag nur unter ärztlicher Betreuung erfolgen sollte.
Hier können Sie die originale Studie sogar im Volltext nachlesen:
Nowak, A., Boesch, L., Andres, E., Battegay, E., Hornemann, T., Schmid, C., … Krayenbuehl, P. (2016). Effect of vitamin D3 on self-perceived fatigue. Medicine, 95 (52)
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