Positive Wirkung von Vitamin D bei Autismus

Positive Wirkung von Vitamin D bei Autismus

Kinder mit Autismus profitieren von Vitamin D Zufuhr

Schon länger vermuteten Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen Vitamin D Mangel und Autismus. Jedoch fehlte es bisher an handfesten wissenschaftlichen Belegen.

Im Jahre 2016 führte ein Forschungsteam um Dr. Saad schließlich die erste placebokontrollierte Doppelblindstudie durch, um die Auswirkung einer Vitamin D Zufuhr bei autistischen Kindern zu untersuchen. Dabei wurde 109 Kindern mit diagnostizierter Autismus-Spektrum-Störung über einen Zeitraum von vier Monaten entweder eine tägliche Vitamin D Dosis von 300 IE pro Kilogramm Körpergewicht (Maximum 5000 IE pro Tag) oder ein Placebo verabreicht.


Was ist Autismus?

Autismus bezeichnet eine neurologische Entwicklungsstörung, die sich auf die Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung im Gehirn auswirkt. Es kommen verschiedene Formen und Schweregrade des Autismus vor, die zusammenfassend „Autismus-Spektrum-Störung“ genannt werden.

Autisten sind im sozialen Umgang und der Kommunikation mit ihren Mitmenschen beeinträchtigt. Außerdem zeigen sie typischerweise stereotype, sich wiederholende Verhaltensweisen auf.

Bislang kann Autismus nicht geheilt werden. Mithilfe von Verhaltenstherapie und medikamentöser Behandlung kann Betroffenen jedoch das Leben im sozialen Umfeld erleichtert werden.

npvtd3bkso8-annie-spratt


Ergebnisse der Studie

Der Schweregrad des Autismus wurde für jedes Kind zu Studienbeginn und -ende anhand verschiedener Skalen beurteilt, die üblicherweise der Diagnostik von Autismus-Spektrum-Störungen dienen (darunter beispielsweise die Childhood Autism Rating Scale [CARS]).

Nach Ablauf der vier Monate stellten die Wissenschaftler in der Vitamin D Gruppe eine signifikante Abschwächung der Autismus-Kernsymptome fest.

So waren die autistischen Kinder unter Vitamin D Zufuhr weniger reizbar und hyperaktiv, zeigten weniger sozialen Rückzug und stereotypes Verhalten, und hatten weniger Sprachprobleme als zu Beginn der Studie. Weiterhin verbesserte sich ihre kognitive und soziale Wahrnehmung und soziale Informationsverarbeitung. Symptome wie wiederholende Handbewegungen, willkürliche Laute, springen und stark eingeschränkte Interessen traten signifikant weniger auf.

In der Placebo-Gruppe hingegen wurden anhand der Bewertungsskalen keine Verbesserungen festgestellt.


Fazit

Obwohl die Anzahl der Studienteilnehmer nach Meinung der Wissenschaftler noch relativ gering war, und weitere Studien zur Bestätigung nötig sind, waren die festgestellten Veränderungen der Autismus-Symptome allesamt positiv. Die Zufuhr von Vitamin D kann also die Lebensqualität von Autisten erheblich steigern.

Dieses beachtenswerte Ergebnis erlangt noch weitere Bedeutung vor dem Hintergrund, dass selbst im Sommer die Mehrzahl unserer Kinder einen Vitamin D Mangel aufweisen. Lediglich die Säuglinge, die in Deutschland routinemäßig Vitamin D zur Prophylaxe der Rachitis erhalten, zeigten in einer repräsentativen, deutschlandweiten Studie des Robert Koch Institutes regelrechte Werte. Nach Absetzen der Supplementation im zweiten Lebensjahr sanken die Werte bei allen Kindern dauerhaft bis zum Erwachsenenalter ab.


Hier geht’s zum Abstract der Autismus-Studie:

Saad, K., Abdel-Rahman, A. A., Elserogy, Y. M., Al-Atram, A. A., El-Houfey, A. A., Othman, H. A., . . . Abdel-Salam, A. M. (2016). Randomized controlled trial of vitamin D supplementation in children with autism spectrum disorder. Journal of Child Psychology and Psychiatry. doi:10.1111/jcpp.12652

Und hier zur zum Volltext der Studie des RKI:

Hintzpeter B et al: Higher prevalence of vitamin D deficiency is associated with immigrant background among children and adolescents in Germany. Journal of Nutrition. 2008

 

Foto: Annie Spratt – www.unsplash.com

Mit Vitamin D und Omega 3 gegen Autismus

Mit Vitamin D und Omega 3 gegen Autismus

Unter Autismus (Engl. Autism spectrum disorder oder kurz ASD) werden definitionsgemäß sich entwickelnde Dysfunktionen zusammengefasst, die durch fortdauernde Defizite im Bereich sozialer Interaktion, Beeinträchtigungen in der verbalen und nonverbalen Kommunikation sowie in stereotypen Verhaltensmustern in Bezug auf Interessen und Aktivitäten gekennzeichnet sind.

Die Anzahl der Autismusfälle steigt in den USA seit Jahrzehnten dramatisch an und betraf  im Jahr 2018 laut der American Academy of Pediatrics 2,5% der Kinder im Alter von 3-17 Jahren, oder anders ausgedrückt, 1 von 40 Kinder in diesem Alter (1). Auch in Europa steigt die Anzahl der Autismusfälle seit 30 Jahren kontinuierlich an.

Zunehmend finden sich Beweise dafür, dass ein sehr früher Vitamin-D-Mangel, entweder bereits in der Schwangerschaft oder aber in der frühen Kindheit, Autismus mitverursachen kann. Vitamin D spielt als Metabolit (biochemisches Zwischenprodukt) beim (Neuro-)Steroidstoffwechsel eine entscheidende Rolle und hat als solches eine außerordentlich wichtige Bedeutung für die Gehirnentwicklung, die Zellerneuerung, die Differenzierung und die Calcium-Signalgebung sowie für neurotrophische und neuroprotektive Vorgänge (2).

Der amerikanische Arzt Dr. JJ Cannell publizierte in einer 2017 veröffentlichten Übersichtsarbeit, dass Kinder, die bereits autistisch sind oder als dafür gefährdet eingestuft werden, einen eklatant niedrigeren Vitamin-D-Spiegel haben im Vergleich zu unauffälligen anderen Kindern, und zwar schon während der Schwangerschaft, bei der Geburt und/oder im Alter von acht Jahren (3). Mehrere andere Publikationen zeigen, dass bei schwangeren und stillenden Frauen 4000 bzw. 6000 I.E. Vitamin D/Tag nicht nur sicher sind um Mutter und Kind ausreichend mit Vitamin D zu versorgen, sondern weitere positive Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf und die spätere Gesundheit der Kinder haben. Lesen Sie hierzu auch unseren Artikel über eine gesunde Schwangerschaft mit Vitamin D.


Vitamin D und Omega 3 gegen Reizbarkeit und Hyperaktivität bei Kindern

Reizbarkeit und Hyperaktivität sind bei Kindern mit Autismus häufig auftretende Symptome, deren Intensität sowohl durch Vitamin D als auch durch Verabreichung von Omega 3-Fettsäuren maßgeblich vermindert werden kann. Genau dies wurde in der VIDOMA-Studie (2019) an 111 autistischen neuseeländischen Kindern untersucht, von denen 73 Teilnehmer bis zum Schluss in der Studie involviert waren. Es stellte sich nach 12 Monaten heraus, dass die mit Vitamin D oder Omega 3-Fettsäuren versorgten Kinder, eine deutlich reduzierte Reizbarkeit und Hyperaktivität aufwiesen. Gemessen wurden beide Verhaltensauffälligkeiten mifhilfe der dafür entwickelten Aberrant Behavior Checklist (ABC-Skala), die mit ihren Werten Auskunft über die jeweiligen Veränderungen abbildet. Durch die Vitamin D-Gaben von 2000 I.E. täglich, konnte die Reizbarkeit um 4 Punkte, durch die Gabe von 722 mh DHA (Docosahexaensäure = eine von mehreren Omega 3-Fettsäuren) sogar um 5 Punkte gesenkt werden, während in der Placebogruppe der Wert um 0,8 Punkte anstieg (Abb. 1). Verglichen mit der Placebogruppe (-0,8 Punkte), konnte die Vitamin D-Gruppe auch bei der Hyperaktivität signifikante Veränderungen von -5,2 Punkte auf der ABC-Skala verbuchen (Abb. 2).

Die Autoren interpretieren die Resultate folgendermaßen: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren die Reizbarkeits- und Hyperaktivitätssymptome bei Kindern mit ASS verringerten (4).

Bzgl. der Studienergebnisse ist anzumerken, dass in der Gruppe, in der die Kinder mit Vitamin D + Omega 3-Fettsäuren versorgt wurden, von 25 Kindern 10 Teilnehmer die Studie nicht beenden konnten. Da die ASD-Symptome laut Studienautoren bei den Abbrechern am ausgeprägtesten waren, könnten die Ergebnisse in dieser Gruppe durch diesen Umstand geschmälert worden sein, was die geringere Reduktion der Symptome in dieser Gruppe erklären würde.

Abb. 1: Auswirkung auf die Reizbarkeit autistischer Kinder. Je tiefer der Balken desto signifikanter konnte die Reizbarkeit reduziert werden (nach 4).

Abb. 2: Auswirkung auf die Hyperaktivität autistischer Kinder. Je tiefer der Balken desto signifikanter konnte die Hyperaktivität reduziert werden (nach 4).


Fazit: Vitamin D und Omega 3-Fettsäuren verhindern die Entstehung von Autismus bereits im Mutterleib und später im Kindesalter. Beide Mikronährstoffe helfen aber auch als Therapeutikum bei bereits bestehenden ASD-Erkrankungen den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen und die Symptome zu reduzieren.

Quellenangaben:

  1. Kogan, M. D., Vladutiu, C. J., Schieve, L. A., Ghandour, R. M., Blumberg, S. J., Zablotsky, B., … Lu, M. C. (2018). The Prevalence of Parent-Reported Autism Spectrum Disorder Among US Children. Pediatrics, 142(6). doi: 10.1542/peds.2017-4161
  2. Cannell, J. J. (2017, June). Vitamin D and autism, what’s new? Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28217829
  3. Hollis, B. W., & Wagner, C. L. (2012). Vitamin D and Pregnancy: Skeletal Effects, Nonskeletal Effects, and Birth Outcomes. Calcified Tissue International, 92(2), 128–139. doi: 10.1007/s00223-012-9607-4
  4. Mazahery, H., Conlon, C. A., Beck, K. L., Mugridge, O., Kruger, M. C., Stonehouse, W., … Hurst, P. R. V. (2019). A randomised controlled trial of vitamin D and omega-3 long chain polyunsaturated fatty acids in the treatment of irritability and hyperactivity among children with autism spectrum disorder. The Journal of Steroid Biochemistry and Molecular Biology, 187, 9–16. doi: 10.1016/j.jsbmb.2018.10.017

Bildquelle: www.pixabay.com

Vitamin D-Mangel kann Autismus verursachen – Studie beweist Zusammenhänge

Vitamin D-Mangel kann Autismus verursachen – Studie beweist Zusammenhänge

Hintergrund

Unter Autismus (Engl. Autism spectrum disorder (ASD)) werden definitionsgemäß sich entwickelnde Dysfunktionen zusammengefasst, die durch persistierende Defizite im Bereich sozialer Interaktion, Beeinträchtigungen in der verbalen und nonverbalen Kommunikation sowie in stereotypen Verhaltensmustern in Bezug auf Interessen und Aktivitäten gekennzeichnet sind.

Zunehmend finden sich Beweise dafür, dass ein sehr früher Vitamin-D-Mangel, entweder bereits in der Schwangerschaft oder aber in der frühen Kindheit, Autismus verursachen kann. Vitamin D spielt als Metabolit (biochemisches Zwischenprodukt) beim (Neuro-)Steroidstoffwechsel eine entscheidende Rolle und hat als solches eine außerordentlich wichtige Bedeutung für die Gehirnentwicklung, die Zellerneuerung, die Differenzierung und die Calcium-Signalgebung sowie für neurotrophische und neuroprotektive Vorgänge. Es ist an der Regulierung von etwa 3% aller 26.000 Gene im menschlichen Genom beteiligt, um nur einen Teil der Aufgaben dieses lange unterschätzten Vitamins zu nennen.


Studienlage

Der amerikanische Arzt Dr. JJ Cannell publizierte in einer aktuellen Übersichtsarbeit, dass Kinder, die bereits autistisch sind oder als dafür gefährdet eingestuft werden, einen eklatant niedrigeren Vitamin-D-Spiegel haben im Vergleich zu unauffälligen anderen Kindern, und zwar schon während der Schwangerschaft, bei der Geburt und/oder im Alter von acht Jahren (Cannell 2017).

In einer randomisierten Kontrollstudie (RCT) erhielten Kinder mit ASD Vitamin D als Supplementation (Saad et al. 2016). RCTs gelten als verlässliche Grundlage zum empirischen Beweis für die Wirksamkeit von medizinischen Therapien. Untersucht wurden 85 Jungen und 24 Mädchen mit ASD im Alter von 3-10 Jahren. Ziel der Studie war herauszufinden, welche Wirkung die Vitamin-D-Gabe in Bezug auf die Kernsymptome von Autismus bei Kindern hat. Die Probanden erhielten über den Zeitraum von vier Monaten Vitamin D3 (300 IE/kg/Tag, max. 5000 IE/Tag) oder ein Placebo. Der Vitamin-D-Spiegel wurde jeweils vor Beginn und bei Ende der Studie gemessen. Grundlage zur Einschätzung der autistischen Kernsymptome war  u. a. die „Childhood Autism Rating Scale“ (CARS).

Die Autismussymptome besserten sich unter der Vitamin D-Gabe innerhalb der Studiendauer signifikant, jedoch nicht in der Placebo Gruppe. Bei etwa der Hälfte der Kinder verschwanden die Symptome ganz (CARS unter 30). Bei 25% der Kinder stellte sich eine deutliche Besserung ein und lediglich bei 25% zeigte sich keine nennenswerte Wirkung.

Um Vitamin-D-Mangel und damit Autismus bei Kindern präventiv und kurativ zu begegnen, ergeben die Studien also eine sinnvolle Supplementierung von 300 IE/kg Körpergewicht/Tag. Mehrere andere Publikationen zeigen, dass bei schwangeren und stillenden Frauen 4000 bzw. 6000 IE Vitamin D/Tag nicht nur sicher sind, um Mutter und Kind ausreichend mit Vitamin D zu versorgen, sondern weitere positive Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf und die spätere Gesundheit der Kinder haben (Hollis und Wagner 2013).


Fazit

Diese Studien zeigen erneut, dass eine ausreichend dosierte Vitamin-D-Supplementierung präventiv und kurativ bei allen, insbesondere aber bei neurodegenerativen Erkrankungen, unbedingt in Betracht gezogen werden sollte.


Quellen:

Cannell, John Jacob (2017): Vitamin D and autism, what’s new? In: Reviews in endocrine & metabolic disorders. DOI: 10.1007/s11154-017-9409-0.

Hollis, Bruce W.; Wagner, Carol L. (2013): Vitamin D and pregnancy: skeletal effects, nonskeletal effects, and birth outcomes. In: Calcified tissue international 92 (2), S. 128–139. DOI: 10.1007/s00223-012-9607-4.

Saad, Khaled; Abdel-Rahman, Ahmed A.; Elserogy, Yasser M.; Al-Atram, Abdulrahman A.; El-Houfey, Amira A.; Othman, Hisham A. K. et al. (2016): Randomized controlled trial of vitamin D supplementation in children with autism spectrum disorder. In: Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines. DOI: 10.1111/jcpp.12652.

Foto: www.pixabay.de

Sonne macht klug

Sonne ist gut für`s Gehirn - Foto: iStockphoto
Sonne ist gut für`s Gehirn – Foto: iStockphoto

Sonne hält das Gehirn auf Trab. Menschen die regelmäßig sonnen, ob im Freien oder in einem Qualitäts-Solarium, denken schneller und präziser, steigern die Ausschüttung von „Glückshormonen“ und ihr Gehirn altert langsamer.

Fördert der regelmäßige Aufenthalt an der Sonne und der damit verbundene hohe Vitamin D-Serumspiegel im Blut die geistige Leistungsfähigkeit? Und führt umgekehrt zu wenig Sonne und ein Vitamin D-Defizit zu krankhaften Veränderungen der Gehirn- und Nervenfunktionen?

Seit Jahren beschäftigen sich Forscher mit diesem Thema. Zunächst in Laborversuchen mit Versuchstieren, zunehmend auch in Studien mit vor allem älteren Menschen erhärtet sich die Vermutung, dass das Sonnenschein-Vitamin eine Schlüsselfunktion beim Stoffwechsel im Gehirn und bei der Entwicklung des Gehirns spielt.

Einen erheblichen Schub bedeutete die Entdeckung, dass die Gehirnzellen in den zentralen Gehirnregionen, zuständig für Lernen und Erinnern, über Vitamin D-Rezeptoren, sozusagen die Türsteher der Zellen, verfügen. Den Aufwand hätte sich die Natur erspart, wenn das Sonnenschein-Hormon nicht eine wichtige Rolle bei Entwicklung und Funktion des Gehirns spielen würde.

Andere Erkenntnisse zur Wirkung des Sonnenschein-Vitamins machen diese Vermutung plausibel. Vitamin D spielt eine Rolle bei der Teilung der Nervenzellen oder bei der Bildung von Dopamin, einem Neurotransmitter, der regelnd in viele Prozesse des Gehirns eingreift, eine wesentliche Rolle bei Entstehung bzw. Vorbeugung von Alzheimer und Parkinson spielt und auch als eines der „Glückshormone“ bezeichnet wird.

In einer umfassenden Übersichtsstudie fassen Prof. Darryl W. Eyles und Kollegen (s.u.) die Ergebnisse zahlreicher Studien in einem Schaubild zusammen zur Frage nach den Wirkungen des Sonnen-Hormons auf die Alterung und Funktionsstörungen des Gehirns – Autismus, Schizophrenie, Depression, Alzheimer und andere kognitive Fehlfunktionen.

Ergebnisse von Übersichtsstudien sind überzeugend

studien-vitd-hirnstoerungen-alterBereits 2007 fassten zwei Wissenschaftler am Children’s Hospital Oakland Research Institute in Kalifornien die bisher vorliegenden Studienergebnisse mit dem Satz zusammen:
Wir kommen zu dem Schluss, dass es reichlich biologische Belege gibt für die wichtige Rolle des Vitamin D für die Entwicklung des Gehirns und seiner Funktionen.

Eine weitere Übersichtsstudie kommt zum gleichen Ergebnis: Die bekannten Schutzfunktionen des Vitamin D sowohl für die Nerven als auch bei der Abwehr der „freien Radikalen“ und von Entzündungen seien vermutlich die Ursache dieser positiven Wirkungen auf die kognitiven Entwicklungen und Fähigkeiten und deren Abbau im Alter.

Die jüngste Meta-Analyse mit Daten von 12 Studien und einer Übersicht über 285 Studien bestätigte den Zusammenhang von Vitamin D-Mangel mit Störungen von Gedächtnis, von kognitiven und emotionalen Steuerungsprozessen (cognitive dysfunction), Konzentrationsfähigkeit und Informationsverarbeitung. In klinischen Studien, vor allem mit älteren Menschen, zeigte sich eine Verbesserung von 50 Prozent bei diesen Störungen.


Meta-Analyse = Zusammenfassung von Forschungsergebnissen


Sonnen-Hormon und Gehirnentwicklung bei den Jungen

Sonnen in der Schwangerschaft - Foto: iStockphoto
Sonnen in der Schwangerschaft – Foto: iStockphoto

Die steuernde Wirkung des Vitamin D3 auf die Entwicklung des Gehirns beginnt bereits im Mutterleib, wie Versuche im Labor gezeigt haben (z.B. Cui et al., s.u.)

Immer wieder stoßen Wissenschaftler bei der Suche nach Ursachen von geistigen Störungen bis hin zur Psychose auf einen Zusammenhang mit einem Vitamin D-Mangel. Eine US-Studie vom Nationwide Children’s Hospital in Columbus, Ohio, fand gar, dass Psychosen bei Jugendlichen mit einem Vitamin D-Mangel fast vier Mal häufiger vorkommen als bei Jugendlichen mit einem normalen Vitamin D-Spiegel im Blut.

In zahlreichen Studien wurde in den vergangenen Jahren der Zusammenhang von Sonne, Vitamin D und Autismus untersucht. Die Ergebnisse scheinen bis heute nicht eindeutig.

Das Problem mit dem „Sonnen-Missbrauch“

Kinder und vor allem Jugendliche haben – mehr als andere Altersgruppen – mit der Sonne und dem Sonnenschein-Vitamin D gleich zwei Probleme:

  1. Sie bekommen zu wenig Sonne und sind daher – zusammen mit den Alten – eine Vitamin D-Problemgruppe (s. die Daten des RKI hier)
  2. Sie bekommen zu viel Sonne auf einmal – regelmäßig „leisten“ sich Jugendliche im Sommer, vor allem in den Sommerferien, oft mehrfach, einen Sonnenbrand (s. unten „Für die Jungen„). Nach monatelangem „Stubenhocken“ auch in der Freizeit sonnen sie sich unvorbereitet und viel zu lange am Strand, im Schwimmbad oder am Badesee.

Jugendliche bekommen also die richte Balance zwischen der „guten“ und der „bösen“ Sonne nicht geregelt und verspielen dadurch einen Großteil der Chancen, die die Sonne ihnen für ihre Gesundheit und eben auch für ihre geistige Fitness bietet.

Sonnen-Hormon und Abbau der Gehirnleistung bei den Alten – Demenz

sonne_im_alter
Sonne im Alter – Foto: fotolia.com

Vor allem aber hat sich die Forschung auf die Rolle der Sonne und des Sonnen-Hormons für das alternde Gehirn konzentriert, auf die Verlangsamung im Abbau der Gehirnzellen und auf Funktionsstörungen wie Alzheimer oder Parkinson.

Ein Grund ist der zunehmende Vitamin D-Mangel im Alter. Die „alte Haut“ tut sich sehr viel schwerer mit der Vitamin D-Synthese und ältere Menschen halten sich weniger häufig im Freien an der Sonne auf.

Mehr Sonne führt zu geringerem Verlust an geistiger Leistungsfähigkeit

Dass die Sonne tatsächlich der geistigen Fitness im Alter aufhilft, belegt eine Studie, die über 15 Jahre die Intensität der Sonnenstrahlen in 48 US-Bundesstaaten und deren Auswirkungen auf den Vitamin D-Spiegel von 20.000 US-Bürgern über 45 Jahren verfolgt hat.

Es stellte sich heraus, dass die Menschen mit überdurchschnittlicher Sonneneinstrahlung in den wärmsten Regionen ein um 88 Prozent geringes Risiko geistiger Beeinträchtigung aufwiesen, als Menschen mit unterdurchschnittlicher Besonnung.

Die schlechtesten Testergebnisse bei Menschen mit dem niedrigsten Sonnen-Hormon-Pegel

Eine repräsentative Studie der US-Bevölkerung über 65 Jahren (Daten der Third National Health and Nutrition Examination Survey) konnte den Zusammenhang zwischen einem ausgeprägten Vitamin D-Mangel und „geistiger Behinderung“ belegen:
Die 10 Prozent der Teilnehmer, die bei den Erinnerungs-, Orientierungs- und Aufmerksamkeits-Tests am schlechtesten abgeschnitten hatten wiesen einen fast viermal geringeren Vitamin D-Spiegel (<25 nmol/l) auf im Vergleich zu optimal versorgten Teilnehmern (>75 nmol/l). In den Gruppen mit mittleren Werten (>25 nmol/l bis <75 nmol/l) dagegen stiegen die Daten für geistige Behinderung (cognitive impairment) nur um 40 Prozent an bei abnehmenden Vitamin D-Werten.

Mit der Sonne altert das Gehirn langsamer

Ähnlich eine Studie auf der Basis eine anderen breit angelegten Untersuchung. Wissenschaftler an der Universität von Exeter, UK, unter Leitung von Prof.  David J. Llewellyn nutzten die Daten von 858 Teilnehmern über 65 Jahren der italienischen INCHIANTI Studie und verfolgten deren Entwicklung der Vitamin D-Serumwerte und der geistigen Leistungsfähigkeit, gemessen an international üblichen Testverfahren (Mini-Mental State Examination, MMSE), über insgesamt sechs Jahre.

Es zeigte sich, dass die Teilnehmer mit einem niedrigen Vitamin D-Spiegel (<25 nmol/L) Jahr für Jahr um etwa 30 Prozent schneller alterten als die Probanden mit normalen Werten (>75 nmol/L).
Unsere Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven für Vorbeugung und Behandlung von Altersdemenz“, so die Autoren.

Eine weitere Übersichtsarbeit zitiert Ergebnisse von prospektiven Studien: Die Wahrscheinlichkeit eines Gehirn-Abbaus lag danach bei Probanden mit niedrigem Vitamin D-Spiegeln um 60 bzw. 40 Prozent höher als bei optimal mit dem Sonnen-Hormon Versorgten.

Obwohl inzwischen einige hundert Studien den Zusammenhang von Sonnen-Hormon und Gehirn-Funktion und Gehirnleistung zeigen, bleiben noch etliche Fragen vor allem nach Ursache und Wirkung offen.


Prospektive Studie = Überprüfung einer Annahme (Hypothese) mit Hilfe einer Studie


Studien (Beispiele):

Darryl W. Eyles et al., Vitamin D, effects on brain development, adult brain function and the links between low levels of vitamin D and neuropsychiatric disease, Frontiers in Neuroendocrinology, 34 (1), Jan. 2013, 47–64

Darryl W. Eyles et al., Distribution of the vitamin D receptor and 1 alpha-hydroxylase in human brain. Journal of Chemical Neuroanatomy, 2005, 29 (1), 21–30

X. Cui et al., Maternal vitamin D deficiency alters the expression of genes involved in dopamine specification in the developing rat mesencephalon, Neuroscience Letters, 486 (3),  Dez. 2010, 220-223

Joyce C. McCann, Bruce N. Ames, Is there convincing biological or behavioral evidence linking vitamin D deficiency to brain dysfunction?, FASEB Journal, 2007, 22/4, 982-1001

J.S. Buell, B. Dawson-Hughes, Vitamin D and neurocognitive dysfunction: Preventing “D”ecline? Molecular aspects of medicine, 2008, 29/6,415-22

C. Anweiler et al., Meta-Analysis of Memory and Executive Dysfunctions in Relation to Vitamin D, Journal of Alzheimer’s Disease, Jan 2013, 37/1, 147-171

B.L.Gracious et al., Vitamin D deficiency and psychotic features in mentally ill adolescents: a cross-sectional study, BMC Psychiatry. Mai 2012, 9;12:38

S.T. Kent et al., The relationship between long-term sunlight radiation and cognitive decline in the REGARDS cohort study, International Journal of Biometeorology, 24. Januar 2013

David J. Llewellyn et al., Vitamin D and Cognitive Impairment in the Elderly U.S. Population, Journal of Gerontology, Jan. 2011 ; 66(1):59-65

P. Knekt et al., Serum vitamin D and the risk of Parkinson disease, Archives of Neurology, Juli 2010, 67( 7), 808-811

A.P. Dickens et al., Vitamin D, cognitive dysfunction and dementia in older adults, CNS Drugs, 2011, 25(8), 629-39

Down-Syndrom

Erhöhtes Risiko für Vitamin D-Mangel bei Kindern und Jugendlichen mit Trisomie 21

Weltweit haben circa 5 Millionen Menschen das Down-Syndrom. Bei ihnen ist das Chromosom Nr. 21 dreifach vorhanden (daher auch häufig „Trisomie 21“ genannt), wodurch die körperliche und geistige Entwicklung beeinflusst wird. Menschen mit Down-Syndrom haben häufiger angeborene Erkrankungen oder Funktionsstörungen wie beispielsweise Herzfehler, Darmfehlbildungen, Seh- und Hörstörungen (1). Verschiedene Studien, deren Ergebnisse wir Ihnen im Folgenden zusammenfassen, zeigen, dass auch auf den Vitamin D-Spiegel beim Down-Syndrom besonders geachtet werden sollte.

Die italienischen Wissenschaftler Stagi et al. der Florentinischen Anna Meyer Kinder-Uniklinik und der Universität Florenz untersuchten im Jahr 2015 den Vitamin D-Status von 31 Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom und verglichen diesen mit Kontrollpersonen gleichen Alters und Geschlechts (2). Die Studienteilnehmer waren alle in der Region Toskana in Italien wohnhaft (44. nördlicher Breitengrad).

Neben dem Ergebnis, dass sich selbst ein Großteil (89%) der Kontrollpersonen im Mangelbereich befand, zeigte die Studie, dass die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen mit Trisomie 21 im Vergleich signifikant niedrigere Vitamin D-Spiegel aufwiesen: 

32,2% hatten einen extremen Vitamin D-Mangel (<10 ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 20,2%), 45,2% einen Mangel (11-20 ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 35,4%), 16,1% ein Defizit (21-30 ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 33,3%) und nur 6,5% befanden sich im von den Autoren definierten Normalbereich (>30ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 11,1%). [Anmerkung: Um von allen gesundheitlichen Vorteilen des Vitamin D profitieren zu können, empfehlen wir einen Vitamin D-Spiegel oberhalb von 40 ng/ml. Hier erfahren Sie, warum >>]

Auch die Parathormonspiegel der mangelversorgten Kinder und Jugendlichen mit Down-Syndrom waren im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant höher. 

Innerhalb der Gruppe von Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom gab es desweiteren statistisch signifikante Unterschiede zwischen den normal- und übergewichtigen Teilnehmern, sowie zwischen den Teilnehmern mit und ohne Autoimmunerkrankungen. So hatten die Teilnehmer mit Down-Syndrom eher einen Vitamin D-Mangel, wenn sie übergewichtig und/oder autoimmunerkrankt waren.

Zudem testeten Stagi et al., ob eine tägliche Supplementierung von oftmals für Kinder empfohlenen 400 I.E. Vitamin D bei den getesteten Kindern zu angemessenen Vitamin D-Spiegeln führt. Zwar waren die Vitamin D-Spiegel bei allen Probanden nach einem Jahr täglicher Supplementierung mit 400 I.E. signifikant angestiegen, doch die Spiegel der Kinder mit Trisomie 21 waren auch hier signifikant weniger angestiegen als bei den Kindern in der Kontrollgruppe, insbesondere wenn Übergewicht und/oder Autoimmunerkrankungen vorhanden waren. Hier können Sie nachlesen, welche Vitamin D-Dosen wir für Kinder und Jugendliche empfehlen >>

Die Studienautoren schlussfolgerten, dass Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom nicht nur ein größeres Risiko für einen Vitamin D-Mangel aufweisen, sondern auch eine höhere Supplementierungsdosis benötigen als ihre Altersgenossen ohne das Syndrom. Besonders betroffen sind die Kinder mit Down-Syndrom, bei denen auch Übergewicht oder eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert sind.

Zwei weitere Studien (3, 4) aus dem Jahr 2018 bestätigen den von Stagi et al. ermittelten stärker ausgeprägten Vitamin D-Mangel bei Kindern mit Trisomie 21:

Die Wissenschaftler Bokhari et al. (2018) untersuchten die Prävalenz (= Kennzahl für die Krankheitshäufigkeit) von Autoimmunerkrankungen und Vitamin-D-Mangel bei 429 Kindern (< 18 Jahre aus Saudi-Arabien) mit Down-Syndrom (3). In dieser Gruppe Kinder wiesen 65,5% einen Vitamin D-Mangel auf. 

Allerdings ist zu betonen, dass Bokhari und seine Kollegen in ihrer Studie einen Mangel als <20 ng/ml definierten und Werte oberhalb von 20 ng/ml als “normal” ansahen. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen allerdings, dass erst Vitamin D-Spiegel von mindestens 30 ng/ml – optimalerweise sogar ab 40 ng/ml aufwärts – als ausreichend anzusehen sind. Aus diesem Grund ist anzunehmen, dass die Rate der Kinder mit Down-Syndrom und Vitamin D-Mangel in der Studie von Bokhari et al. bei entsprechender Mangel-Definition von < 30 ng/ml noch weitaus höher ausgefallen wäre.

In der Studie der Wissenschaftlern El-Hawary et al. (4) wurde der Vitamin D-Status bei 30 Kindern mit Down-Syndrom und bei 20 Kindern ohne Down-Syndrom (Kontrollgruppe) ermittelt. Die Kinder waren zwischen 2 und 6 Jahre alt. Auch in dieser Studie hatten die Kinder mit Down-Syndrom signifikant niedrigere Vitamin D-Spiegel als ihre Altersgenossen aus der Kontrollgruppe: 6,7% hatten einen extremen Mangel (<10 ng/ml) und 53,3% einen Mangel (hier definiert als 10-32 ng/ml). Vierzig Prozent der Kinder mit Down-Syndrom wies einen Spiegel oberhalb von 32 ng/ml auf. In der Kontrollgruppe befanden sich 20% im Mangelbereich und 80% hatten Werte im Normalbereich.

Auffallend ist, dass die Werte in den verschiedenen Studien stark auseinander gehen. Faktoren, die diese Unterschiede erklären könnten, sind zum einen geographische Unterschiede (Italien, Ägypten, Saudi-Arabien) mit dementsprechend unterschiedlicher Distanz zum Äquator (je näher am Äquator desto höher die Sonnenintensität), sowie kulturelle Unterschiede (z.B. Verschleierung).

Allen Studien ist jedoch gemein, dass signifikante Unterschiede im Vitamin D-Status zwischen den Kindern bzw. Jugendlichen mit und ohne Down-Syndrom ermittelt wurden: Kinder mit Down-Syndrom wiesen signifikant häufiger einen Vitamin D-Mangel auf als Kinder ohne Down-Syndrom.

Menschen mit Down-Syndrom haben häufig typische Begleiterkrankungen und Symptome, die wiederum mit einem Vitamin D-Mangel in Zusammenhang gebracht werden können. So erkranken Kinder mit Down-Syndrom z.B. häufiger an Infektionen, besonders der Atemwege, Autoimmunerkrankungen (z.B. Typ-1-Diabetes), Zöliakie, Depressionen und Autismus (5). Zudem ist beim Down-Syndrom das Risiko für Leukämie (Blutkrebs) und Demenz im Alter erhöht (5). Studien zeigen, dass ein angemessener Vitamin D-Spiegel in der Allgemeinbevölkerung das Risiko für die Entstehung der genannten Erkrankungen senken kann. Somit ist auch bei Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom durch eine Korrektur des Vitamin D-Spiegels von positiven Effekten auf das Eintreten bzw. Ausmaß für typische Begleiterkrankungen auszugehen. Über die folgenden Verlinkungen erfahren Sie mehr über die Studien zum Zusammenhang zwischen Vitamin D & dem Immunsystem, Atemwegserkrankungen, Diabetes, Lebensmittelunverträglichkeiten, Depressionen, Autismus, Krebs und Demenz.

Fazit:

Auch wenn es bisher nur wenige Studien zum Thema Down-Syndrom und Vitamin D-Mangel gibt, zeigen die vorhandenen Studien eindeutig, dass Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne Down-Syndrom ein größeres Risiko für einen Vitamin D-Mangel aufweisen. Aufgrund der zahlreichen gesundheitsförderlichen Effekte, die mit einem adäquaten Vitamin D-Spiegel einhergehen, sollte der Vitamin D-Status bei Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom regelmäßig bestimmt werden und ein angemessener Vitamin D-Spiegel durch Supplementierung angestrebt werden. Es ist aufgrund allgemeiner Studienergebnisse davon auszugehen, dass ein angemessener Vitamin D-Spiegel sich bei Menschen mit Down-Syndrom auch positiv auf (die Entstehung von) typischen Begleiterkrankungen auswirkt.


Quellen:

  1. Down-Syndrom – Entwicklung. [Arbeitskreis Down-Syndrom Deutschland e.V.] (13.06.2017). Abgerufen am 02.04.2020, von https://down-syndrom.org/de/selbsthilfe-downsyndrom/down-syndrom-entwicklung/#link
  2. Stagi, S., Lapi, E., Romano, S., Bargiacchi, S., Brambilla, A., Giglio, S., … Martino, M. D. (2015). Determinants of Vitamin D Levels in Children and Adolescents with Down Syndrome. International Journal of Endocrinology2015, 1–11. doi: 10.1155/2015/896758
  3. Bokhari, M., Mujallid, M., Alsulami, S., Milyani, A., Alsulami, M., Malatani, N., … Al-Agha, A. (2018). Autoimmunity and Vitamin D deficiency in children affected with Trisomy 21. Current Pediatric Research22(3), 182–184 .
  4. El-Awady, H., El-Hawary, M., El-Shafie, S., Ragab, T., & Nabile, R. (2018). Assessment of serum level of vitamin D in infants and children with Down syndrome. Middle East Journal of Medical Genetics7(2), 104. doi: 10.4103/mxe.mxe_10_18
  5. Kinder- und Jugendärzte im Netz (2017, 5. Juli). Down-Syndrom (Trisomie 21). Symptome & Krankheitsbild. Abgerufen am 19.05.2020, von https://www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/down-syndrom-trisomie-21/symptome-krankheitsbild/

Beitragsbilder: von Nathan Anderson auf Unsplash  // von yulia84 auf Pixabay

Down-Syndrom: Erhöhtes Risiko für Vitamin D-Mangel bei Kindern und Jugendlichen mit Trisomie 21

Down-Syndrom: Erhöhtes Risiko für Vitamin D-Mangel bei Kindern und Jugendlichen mit Trisomie 21

Weltweit haben circa 5 Millionen Menschen das Down-Syndrom. Bei ihnen ist das Chromosom Nr. 21 dreifach vorhanden (daher auch häufig „Trisomie 21“ genannt), wodurch die körperliche und geistige Entwicklung beeinflusst wird. Menschen mit Down-Syndrom haben häufiger angeborene Erkrankungen oder Funktionsstörungen wie beispielsweise Herzfehler, Darmfehlbildungen, Seh- und Hörstörungen (1). Verschiedene Studien, deren Ergebnisse wir Ihnen im Folgenden zusammenfassen, zeigen, dass auch auf den Vitamin D-Spiegel beim Down-Syndrom besonders geachtet werden sollte.

Die italienischen Wissenschaftler Stagi et al. der Florentinischen Anna Meyer Kinder-Uniklinik und der Universität Florenz untersuchten im Jahr 2015 den Vitamin D-Status von 31 Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom und verglichen diesen mit Kontrollpersonen gleichen Alters und Geschlechts (2). Die Studienteilnehmer waren alle in der Region Toskana in Italien wohnhaft (44. nördlicher Breitengrad).

Neben dem Ergebnis, dass sich selbst ein Großteil (89%) der Kontrollpersonen im Mangelbereich befand, zeigte die Studie, dass die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen mit Trisomie 21 im Vergleich signifikant niedrigere Vitamin D-Spiegel aufwiesen: 

32,2% hatten einen extremen Vitamin D-Mangel (<10 ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 20,2%), 45,2% einen Mangel (11-20 ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 35,4%), 16,1% ein Defizit (21-30 ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 33,3%) und nur 6,5% befanden sich im von den Autoren definierten Normalbereich (>30ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 11,1%). [Anmerkung: Um von allen gesundheitlichen Vorteilen des Vitamin D profitieren zu können, empfehlen wir einen Vitamin D-Spiegel oberhalb von 40 ng/ml. Hier erfahren Sie, warum >>]

Auch die Parathormonspiegel der mangelversorgten Kinder und Jugendlichen mit Down-Syndrom waren im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant höher. 

Innerhalb der Gruppe von Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom gab es desweiteren statistisch signifikante Unterschiede zwischen den normal- und übergewichtigen Teilnehmern, sowie zwischen den Teilnehmern mit und ohne Autoimmunerkrankungen. So hatten die Teilnehmer mit Down-Syndrom eher einen Vitamin D-Mangel, wenn sie übergewichtig und/oder autoimmunerkrankt waren.

Zudem testeten Stagi et al., ob eine tägliche Supplementierung von oftmals für Kinder empfohlenen 400 I.E. Vitamin D bei den getesteten Kindern zu angemessenen Vitamin D-Spiegeln führt. Zwar waren die Vitamin D-Spiegel bei allen Probanden nach einem Jahr täglicher Supplementierung mit 400 I.E. signifikant angestiegen, doch die Spiegel der Kinder mit Trisomie 21 waren auch hier signifikant weniger angestiegen als bei den Kindern in der Kontrollgruppe, insbesondere wenn Übergewicht und/oder Autoimmunerkrankungen vorhanden waren. Hier können Sie nachlesen, welche Vitamin D-Dosen wir für Kinder und Jugendliche empfehlen >>

Die Studienautoren schlussfolgerten, dass Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom nicht nur ein größeres Risiko für einen Vitamin D-Mangel aufweisen, sondern auch eine höhere Supplementierungsdosis benötigen als ihre Altersgenossen ohne das Syndrom. Besonders betroffen sind die Kinder mit Down-Syndrom, bei denen auch Übergewicht oder eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert sind.

Zwei weitere Studien (3, 4) aus dem Jahr 2018 bestätigen den von Stagi et al. ermittelten stärker ausgeprägten Vitamin D-Mangel bei Kindern mit Trisomie 21:

Die Wissenschaftler Bokhari et al. (2018) untersuchten die Prävalenz (= Kennzahl für die Krankheitshäufigkeit) von Autoimmunerkrankungen und Vitamin-D-Mangel bei 429 Kindern (< 18 Jahre aus Saudi-Arabien) mit Down-Syndrom (3). In dieser Gruppe Kinder wiesen 65,5% einen Vitamin D-Mangel auf. 

Allerdings ist zu betonen, dass Bokhari und seine Kollegen in ihrer Studie einen Mangel als <20 ng/ml definierten und Werte oberhalb von 20 ng/ml als “normal” ansahen. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen allerdings, dass erst Vitamin D-Spiegel von mindestens 30 ng/ml – optimalerweise sogar ab 40 ng/ml aufwärts – als ausreichend anzusehen sind. Aus diesem Grund ist anzunehmen, dass die Rate der Kinder mit Down-Syndrom und Vitamin D-Mangel in der Studie von Bokhari et al. bei entsprechender Mangel-Definition von < 30 ng/ml noch weitaus höher ausgefallen wäre.

In der Studie der Wissenschaftlern El-Hawary et al. (4) wurde der Vitamin D-Status bei 30 Kindern mit Down-Syndrom und bei 20 Kindern ohne Down-Syndrom (Kontrollgruppe) ermittelt. Die Kinder waren zwischen 2 und 6 Jahre alt. Auch in dieser Studie hatten die Kinder mit Down-Syndrom signifikant niedrigere Vitamin D-Spiegel als ihre Altersgenossen aus der Kontrollgruppe: 6,7% hatten einen extremen Mangel (<10 ng/ml) und 53,3% einen Mangel (hier definiert als 10-32 ng/ml). Vierzig Prozent der Kinder mit Down-Syndrom wies einen Spiegel oberhalb von 32 ng/ml auf. In der Kontrollgruppe befanden sich 20% im Mangelbereich und 80% hatten Werte im Normalbereich.

Auffallend ist, dass die Werte in den verschiedenen Studien stark auseinander gehen. Faktoren, die diese Unterschiede erklären könnten, sind zum einen geographische Unterschiede (Italien, Ägypten, Saudi-Arabien) mit dementsprechend unterschiedlicher Distanz zum Äquator (je näher am Äquator desto höher die Sonnenintensität), sowie kulturelle Unterschiede (z.B. Verschleierung).

Allen Studien ist jedoch gemein, dass signifikante Unterschiede im Vitamin D-Status zwischen den Kindern bzw. Jugendlichen mit und ohne Down-Syndrom ermittelt wurden: Kinder mit Down-Syndrom wiesen signifikant häufiger einen Vitamin D-Mangel auf als Kinder ohne Down-Syndrom.

Menschen mit Down-Syndrom haben häufig typische Begleiterkrankungen und Symptome, die wiederum mit einem Vitamin D-Mangel in Zusammenhang gebracht werden können. So erkranken Kinder mit Down-Syndrom z.B. häufiger an Infektionen, besonders der Atemwege, Autoimmunerkrankungen (z.B. Typ-1-Diabetes), Zöliakie, Depressionen und Autismus (5). Zudem ist beim Down-Syndrom das Risiko für Leukämie (Blutkrebs) und Demenz im Alter erhöht (5). Studien zeigen, dass ein angemessener Vitamin D-Spiegel in der Allgemeinbevölkerung das Risiko für die Entstehung der genannten Erkrankungen senken kann. Somit ist auch bei Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom durch eine Korrektur des Vitamin D-Spiegels von positiven Effekten auf das Eintreten bzw. Ausmaß für typische Begleiterkrankungen auszugehen. Über die folgenden Verlinkungen erfahren Sie mehr über die Studien zum Zusammenhang zwischen Vitamin D & dem Immunsystem, Atemwegserkrankungen, Diabetes, Lebensmittelunverträglichkeiten, Depressionen, Autismus, Krebs und Demenz.

Fazit:

Auch wenn es bisher nur wenige Studien zum Thema Down-Syndrom und Vitamin D-Mangel gibt, zeigen die vorhandenen Studien eindeutig, dass Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne Down-Syndrom ein größeres Risiko für einen Vitamin D-Mangel aufweisen. Aufgrund der zahlreichen gesundheitsförderlichen Effekte, die mit einem adäquaten Vitamin D-Spiegel einhergehen, sollte der Vitamin D-Status bei Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom regelmäßig bestimmt werden und ein angemessener Vitamin D-Spiegel durch Supplementierung angestrebt werden. Es ist aufgrund allgemeiner Studienergebnisse davon auszugehen, dass ein angemessener Vitamin D-Spiegel sich bei Menschen mit Down-Syndrom auch positiv auf (die Entstehung von) typischen Begleiterkrankungen auswirkt.

Wie wichtig ist die Vitamin D-Versorgung bei Kindern?

Wie wichtig ist die Vitamin D-Versorgung bei Kindern?

Dass die seit Jahrzehnten als Folge von Vitamin D-Mangelerscheinung anerkannte Kinderkrankheit Rachitis, nur die Spitze einer sich endlos hinziehenden Liste von durch Vitamin D-Mangel bedingten Krankheitsbildern bei Kindern darstellt, ist durch breite Forschung hinreichend bewiesen.  Denn Untersuchungen bestätigen: durch Vitamin D-Mangel in der Schwangerschaft und Kindheit, werden auch Asthma, Allergien, Neurodermitis, Autismus, Diabetes Typ 1 und 2 und auch Zahnerkrankungen wie Karies begünstigt.

Diesem Thema widmet sich Dr. med. Arman Edalatpour in seinem YouTube-Vortrag (siehe unten). Dabei verweist er auf eine ausführliche Untersuchung aus Finnland, bei der man die Vitamin D-Dosis für Kinder seit 1960 in 4 Stufen verringert hat. Von 4.500 I.E. auf letztendlich 400 I.E. täglich, wurde die Vitamin D-Gabe an den Kindern sukzessive herabgesetzt – sehr zum Leid der jungen Probanden:

Besonders um das Jahr 1991, als die verabreichte Vitamin D-Dosis am niedrigsten war, explodierte die Häufigkeit von Diabetes und allgemeiner Autoimmunkrankheiten. Erst als ab dem Jahr 2003 verschiedene Kindernahrungsmittel (z.B. Milchprodukte) mit Vitamin D angereichert wurden, konnte man 3 Jahre später eine weitere Zunahme dieser Erscheinungen stoppen.


Kinder leiden in Deutschland häufig an Vitamin D-Mangel

Vitamin D-Unterversorgung bei Kindern sehr verbreitet

Mit Durchschnittswerten von unter 20 ng/ml anstatt mindestens 30 ng/ml Vitamin D im Blut, ist auch der Großteil der deutschen Kinder von einem Vitamin D-Mangel betroffen. Dies zeigen übereinstimmende Erhebungen von Prof. Dr. Spitz und dem Robert Koch Institut.

Dem könnte man mittels Vitamin D-Gaben entgegenwirken, wie es bislang leider nur bei Säuglingen üblich ist. Bei Säuglingen wird die verabreichte Vitamin D-Menge von 500 I.E./Tag, allerdings nur über die Verhinderung der Kinderkrankheit Rachitis argumentiert.

Zum Vergleich: in der BRD bekamen Säuglinge zwischen 1950 und 1970 Stoßtherapien von 200.000-400.000 I.E. Vitamin D verabreicht, in der DDR sogar 6 x 600.000 I.E.. Toxische Auswirkungen sind weder aus der BRD noch aus der DDR bekannt. Auffällig ist, dass es zur Zeit der hohen Vitamin D-Supplementierung in der DDR – trotz höherer Schadstoffbelastung in der Luft und Umwelt – kaum Allergien gab.

Dr. med. Edalatpour empfiehlt bei Kindern zwischen dem 1. und dem 12. Lebensjahreine regelmäßige Verabreichung von 140 I.E. Vitamin D pro Kilogramm Körpergewicht (unsere deutlich niedrigeren Empfehlungen der SonnenAllianz finden Sie ganz unten). Eine Aufbauphase sei in diesem Alter noch nicht empfehlenswert. Ein vorhandener Mangel solle aber in jedem Fall mit höheren Gaben bis max. 10.000 I.E. / Tag ausgeglichen werden. Bei Kindern ab 12 Jahren können Sie, wie bei Erwachsenen, unseren gratis Vitamin D-Rechner für die Abschätzung der täglichen Dosierempfehlung heranziehen. 

Gerade in der Wachstumsphase sind die Co-Faktoren von Vitamin D sehr wichtig, wie Dr. Edalatpour am Ende seines Videos erklärt. Bedingt durch Knochen- und Zahnwachstum ist eine optimale Versorgung mit hochwertigem Vitamin K2, Calcium und Magnesium von hoher Bedeutung.


Bitte vergessen Sie aber nicht: ein regelmäßiger, aber mäßiger Aufenthalt an der Sonne mit unbedeckter Haut (bei gleichzeitiger Vermeidung von Sonnenbränden) und eine gesunde Ernährung mit insbesondere pflanzlichen Nahrungsmitteln, die reich an Mikronährstoffen sind, macht eine Supplementierung im Idealfall überflüssig.

Hier können Sie sich den Vortrag von Dr. Edalatpour anschauen: 

https://youtu.be/BWtEne-fK10

Allgemeine Einnahme-Empfehlungen für Kinder

Bei unzureichender Sonneneinstrahlung/Aufenthalt an der Sonne wird eine Supplementierung (Zufuhr per Vitamin D-Präparat) in folgenden Dosierungen empfohlen, die als grobe Richtwerte angenommen werden können, vorzunehmen. Bei allen Dosierungsangaben sollte aber auch das Körpergewicht berücksichtigt werden, da dieses für den Vitamin D-Bedarf ausschlaggebend ist. Ein deutlich übergewichtiges Kind benötigt beispielsweise mehr Vitamin D als ein normal- oder untergewichtiges Kind.

  • Kleinkinder 0-12 Monate: 400 – 1000 I.E./Tag – (Obergrenze 2000 I.E.*)
  • Kinder 1-8 Jahre: 400-1.000 I.E./Tag – (Obergrenze 2000 I.E.*)
  • Kinder/Jugendliche 9-18 Jahre: 600-2.000 I.E./Tag – (Obergrenze 4000 I.E.*)

* Werte für die Obergrenzen wurden von dem führenden Vitamin D-Forscher Dr. Holick übernommen, der seine Empfehlungen auf http://drholick.com/ darlegt.

Vitamin D für eine gesunde Schwangerschaft

Vitamin D ist als eine der wesentlichen Ressourcen der Umwelt auch an der Entstehung des neuen Lebens beteiligt. Zu den Aufgaben des Sonnenhormons gehören kurz zusammengefasst die Unterstützung bei der Einnistung der befruchteten Eizelle, der Erhalt des regulären Schwangerschaftsablaufs, die Unterstützung des fetalen Wachstums durch die Bereitstellung von Kalzium, die Kontrolle der Sekretion multipler plazentarer Hormone und die Limitierung pro-inflammatorischer Zytokine (1). Doch gerade schwangere Frauen sind in Deutschland besonders häufig von einem Vitamin D-Mangel betroffen, so eine aktuelle Untersuchung aus dem Jahr 2017. 


Fruchtbarkeit – Vitamin D gegen Endometriose

In einem Review wurden die Einflüsse eines Vitamin D-Mangels sowie einer Supplementierung auf diverse Aspekte vor, während und nach einer Schwangerschaft und auf das Neugeborene zusammengefasst. Dabei wurde festgestellt, dass ein niedriger Vitamin D Spiegel mit einer schwereren Endometriose (Wucherungen aus Gebärmutterschleimhautgewebe) verbunden ist und Frauen mit höheren Spiegeln ein geringeres Risiko an Endometriose zu erkranken aufwiesen (11).  

Ebenso hat Vitamin D wichtige Aktivitäten auf der Eierstockebene die sich positiv auf die Fruchtbarkeit der Frau auswirken und die Produktion von Östrogen und Progesteron, welche zu den Sexualhormonen zählen, induzieren. Des Weiteren werden Proteine synthetisiert, die wesentlich für die den Aufbau Gebärmutterschleimhaut sind und die Implantation fördern (11). 

Es wurde ferner eine positive Verbindung von Vitamin D mit der Follikelentwicklung für die Reifung der Eizelle und die Selektion des Eisprungs in der Zellkulturforschung festgestellt. Ursächlich dafür scheint die Hemmung der Synthese des Anti-Müller-Hormons (AMH) und des Rezeptors zu sein, welche die Eireifung unterdrücken. Natürlich gibt es bei allen Erkenntnissen auch widersprüchliche Ergebnisse und unterschiedliche Ursachen für eine Störung im Menstruationszyklus. In einer Studie mit 53 unfruchtbaren Frauen, konnte jedoch eine negative Korrelation zwischen den Vitamin D-Spiegeln, besonders bei Werten ≥30 ng/ml und den AMH-Werten im Blut und der Follikelflüssigkeit festgestellt werden (11).  

In einer Metaanalyse mit dem Inhalt von 11 Studien über unfruchtbare Frauen, die eine intrazytoplasmatische Spermieninjektion oder eine künstliche Befruchtung vornahmen, wurde gezeigt, dass Frauen mit Vitamin D-Werten über 30 ng/ml im Blutplasma oder in der Follikelflüssigkeit eine klinisch höhere Chance schwanger zu werden, sowie ein lebendes Neugeborenes zu gebären hatten (11). 


Vitamin D schützt Schwangere und Säuglinge universell

Eine zunehmende Anzahl von Studien berichtet seit etlichen Jahren über eine deutliche Verbindung zwischen dem Vitamin D-Spiegel und zahlreichen Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie und Schwangerschaftsdiabetes.  

Präeklampsie ist eine multisystemische Erkrankung und verbindet Bluthochdruck mit Proteinurie (erhöhtes Eiweiß im Urin). Es betrifft 3-15% der Schwangerschaften und ist verbunden mit verzögertem Wachstum des Ungeborenen und vorzeitigen Wehen (11).  

In einer Kohortenstudie aus China vom Jahr 2017 wurden die Vitamin D-Spiegel von schwangeren Frauen, die eine schwere Präeklampsie entwickelten mit jenen verglichen die keine bekamen. Die Ergebnisse zeigten, dass Frauen mit schwerer Präeklampsie einen signifikant niedrigeren Vitamin D-Status aufwiesen und das Risiko insbesondere bei einem Mangel zwischen der 23-28. Schwangerschaftswoche erhöht war. (14).  

In einer weiteren wissenschaftlichen Zusammenfassung wurde festgestellt, dass bei mehreren randomisiert-kontrollierten Studien, bei der Frauen eine Vitamin D-Supplementierung erhielten, das Risiko für Präeklampsie um 48 % gesenkt werden konnte (15).  

Untersuchungen des medizinischen Instituts der Universität in Rotterdam, Niederlande belegen, dass ein mütterlicher Mangel an Vitamin D einen Risikofaktor für ein gestörtes fetales Wachstum und den Ausgang der Schwangerschaft darstellt (2).  

Erst im Jahr 2018 erschien eine von der GrasrootsHealth-Bewegung erstellte Datensammlung (4), die im Rahmen ihres Vitamin D*Action-Projekts auf die Gefahren des weltweit verbreiteten Vitamin D-Mangels aufmerksam macht. Die ursprünglich aus Amerika stammende GrasrootsHealth-Bewegung besteht aus ca. 50 Vitamin D-Forschern, die weltweit tätig sind und hat sich zum Ziel gesetzt, dem weltweiten Vitamin D-Mangel epidemischen Ausmaßes mittels Öffentlichkeitsarbeit entgegenzutreten. 

Der unten angeführten Tabelle (Abb. 1) aus dem aktuellen Vitamin D*Action-Report, ist die präventive Wirkung von Vitamin D (25(OH)D) auf das Risiko schwangerer Frauen und ihrer Säuglinge, verschiedene Krankheiten zu entwickeln, zu entnehmen. Die prozentualen Angaben neben den farbigen Balken, zeigen die abgeschätzte Risikoreduzierung die entsprechende Krankheit zu entwickeln, abhängig von der mengenmäßigen Anhebung des Vitamin D-Spiegels. Der Referenzwert für die Erhöhung beläuft sich dabei auf 25 ng/ml, was dem Durchschnittswert der US-Bevölkerung entspricht. 

Abb. 1: Präventive Wirkung von Vitamin D auf Mutter und Säugling in der Schwangerschaft (GrassrootsHealth-Report 2018)

Beispielhaft zeigt sich hier ein um 59% geringeres Risiko einer Frühgeburt (Preterm Birth), wenn die Schwangere anstatt 25 ng/ml 40 ng/ml Vitamin D im Blutserum aufweist. Noch deutlicher ist die Risikoreduzierung bei der Beeinträchtigung der Muskelkraft (Impaired Muscle Strength) zu sehen, denn diese wird durch die Anhebung des Vitamin D-Spiegels von 25 ng/ml auf 31 ng/ml gar eliminiert, während die Erhöhung auf 46 ng/ml für Depressionserkrankungen eine Risikoreduzierung um 39% bedeutet. 

Auch die Säuglinge selbst profitieren unmittelbar von höheren Vitamin D-Spiegeln der austragenden Mutter. So kann der Risikofaktor ein chronisches Asthma zu entwickeln um 27%, eine Lungenentzündung um 23% und generelle Erkältungskrankheiten (Bronchiolitis, Pneumonia) um 35% reduziert werden, wenn die Mutter entsprechend mit dem Sonnenhormon versorgt ist, da es die angeborene Immunität steigert.  

Zusätzlich wird das Knochenwachstum des heranwachsenden Kindes im Mutterleib durch eine regelrechte Vitamin D-Versorgung von Schwangeren und Säuglingen gestärkt, welches anhand verschiedener Parameter wie Mineralisierung, Dichte, Größe und Masse festgestellt werden konnte. Eine Konsquenz daraus ist die Verhinderung der Knochenkrankheit Rachitisund eine verspätete Hypokalzämie (niedriger Kalziumgehalt im Blut). 

Die argentinische Forschergruppe um Dr. med. José Luis Mansur stellte in einer im Mai 2022 publizierten Arbeit fest, dass Diabetes Typ 1, Multiple Sklerose und Autismus mit einem Vitamin D-Mangel im Kindesalter in Zusammenhang steht. Die detaillierten Mechanismen mit der Vitamin D auf das verringerte Diabetesrisiko wirkt sind im Detail noch unklar aber beinhalten die Wirkung auf Betazellen- und Insulinresistenz. Der gesenkte Risikofaktor an einer Multiplen Sklerose zu erkranken, rührt möglicherweise daher, dass Vitamin D eine wichtige Rolle in der frühen Gehirnentwicklung spielt und relevant bei der neuronalen Differenzierung und bei synaptischen Funktionen ist (11)


Vitamin D vereinfacht den Geburtsvorgang

Eine 2016 erschienene Metaanalyse zeigt, dass ein mütterlicher Vitamin D-Mangel das Risiko für eine Frühgeburt und die damit verbundene geringe Körpergröße und -gewicht erhöht (3). In einem aktuellen Review von 2022 werden diese Zusammenhänge mit Vitamin D Spiegeln unter 20 ng/ml bestätigt. Ebenso sind nicht nur Risiken für eine Frühgeburt erhöht, sondern auch die Wahrscheinlichkeit eines Kaiserschnittes, wenn ein Vitamin D-Spiegel von unter 30 ng/ml vorliegt. Denn eine Schwächung der für die Gebährung wichtigen kontraktilen Beckenbodenmuskulatur, steht ebenfalls mit einem Vitamin D-Mangelin Zusammenhang (11). 

Auch die Resultate der oben genannten Datenauswertung von Grassroothhealth ist besonders in Bezug auf die Risikoreduzierung für Schwangerschaftsdauer und den damit verbundenen Frühgeburten eindrucksvoll. Die folgende Grafik (Abb. 2) zeigt deutlich die Abhängigkeit der Schwangerschaftsdauer von der Versorgung des Sonnenhormons – je höher der Vitamin D-Spiegel, desto länger die Schwangerschaftsdauer. 

Abb. 2: Schwangerschaftsdauer in Abhängigkeit von Vitamin D-Versorgung (GrassrootsHealth-Report)

Invers zur Schwangerschaftsdauer, wirkt sich die Versorgung mit Vitamin D selbstverständlich auf die Frühgeburtenrate aus. Vergleicht man schwangere Frauen mit adäquaten Vitamin D-Spiegeln von über 40 ng/ml mit jenen Schwangeren deren Spiegel sich auf einem Niveau von unter 20 ng/ml befindet, so  wird die Frühgeburtenrate bei den höher eingestellten Austragenden um 75% verringert, wie folgendes Schaubild (Abb. 3) zeigt! 

Abb. 3: Frühgeburtenrate in Abhängigkeit d. Vitamin D-Versorgung (GrassrootsHealth-Report)

Versorgungssituation schwangerer Frauen besorgniserregend

Aktuelle Zahlen bezüglich der Vitamin D-Versorgung schwangerer Frauen, wurden in einer Untersuchung aus Deutschland, die 2017 veröffentlicht wurde, offengelegt. Die Auswertung der Daten ergab: 78.1% der schwangeren und 53.9% der nicht schwangeren Frauen hatten einen Vitamin D Spiegel <20 ng/ml. Dabei war das Risiko für eine Schwangere, einen Vitamin D Spiegel <10 ng/ml aufzuweisen im Sommer im Vergleich zu nicht schwangeren Frauen um den Faktor 3,7 und im Winter um den Faktor 13,5 erhöht (10). 

Aktuelle Empfehlungen zur Vitamin D-Supplementation während der Schwangerschaft

Aufgrund langjähriger und umfangreicher Untersuchungen empfiehlt die Arbeitsgruppe von BW Hollis in Kooperation mit der amerikanischen Organisation Grassroothealth folgendes Vorgehen: Alle Schwangeren sollten vom frühestmöglichen Zeitpunkt ihrer Schwangerschaft an einen Blutspiegel von mindestens 40 ng/ml aufrechterhalten (5). Dieses Vorgehen bewirkt einen maximalen Schutz für die Mütter gegen Schwangerschaftskomplikationen einschließlich der Präeklampsie und gegen die Ausbildung von Asthma für die Kinder. Zur Erreichung dieses Ziels ist eine tägliche Gabe von mindestens 4000 I.E. Vitamin D erforderlich, um die unterschiedliche Fähigkeit zur Konvertierung von Vitamin D zu 25 OH Vitamin D auszugleichen (6). Eine solche Vorgehensweise hat sich bei tausenden von Schwangeren in den vergangenen 15 Jahren als sicher erwiesen, da keine unerwünschten Nebenwirkungen durch die Vitamin D-Gaben ausgelöst wurden. Dies ist nicht verwunderlich, da die genannte Dosierung innerhalb des auch von der amerikanischen Gesellschaft für Endokrinologie als sicher definierten Einnahmebereichs liegt (7).  

Optimale Säuglingsversorgung – Vitamin D über die Muttermilch

Am besten werden Säuglinge in die Vitamin D-Supplementierung schon im Mutterleib miteinbezogen. Denn laut eines Reviews von 2022 liegt der Vitamin D-Status des Nabelschnurblutes beim Fötus bei 80 % des Wertes der Mutter, egal welche Menge diese supplementiert oder durch Sonnenexposition aufbaut. Dieses Ergebnis legt nahe, dass sich eine ausreichende Vitamin D-Versorgung positiv sowie eine mangelnde Versorgung negativ auf die Entwicklung des Fötus auswirken. (11).

Auch in der Stillphase kann die Mutter eine ausreichende Vitamin D-Versorgung des Säuglings unterstützen. Weltweit ist der Vitamin D Gehalt der menschlichen Milch recht gering (5-80 IU/L) – es sei denn die stillende Mutter führt eine nennenswerte Menge von Vitamin D täglich als Supplement zu oder stellt eine ausreichende Sonnenexposition sicher – was in aller Regel jedoch nicht der Fall ist. Dabei ist von wesentlicher Bedeutung, dass Vitamin D, d. h. die Vorstufe von 25 OH Vitamin D, problemlos von der mütterlichen Zirkulation in die Milch übertritt (6), während 25 OH Vitamin D dies nicht tut – eine Tatsache, die so gut wie unbekannt ist. Daraus ergibt sich auch für die Schwangerschaft die dringende Empfehlung, möglichst täglich eine ausreichende Dosis Vitamin D zuzuführen (anstelle von höheren Dosen im Intervall) oder eine regelmäßige Sonnenexposition anzustreben.

Studien (8,9) belegen, dass während der Stillzeit die mütterliche Zufuhr von 6400 I.E. Vitamin D zu einem adäquaten Vitamin D Gehalt in der Muttermilch führt. Dieses Vorgehen bietet somit eine mögliche Alternative zu der (in Deutschland üblichen) direkten Supplementation der Säuglinge mit 400-600 I.E. Die Einbeziehung der Mutter in die Supplementation hat jedoch den eindeutigen Vorteil, dass auch die Mutter und nicht nur der Säugling ausreichend mit Vitamin D versorgt wird.


Quellen:

  1. Voulgaris, N., Papanastasiou, L., Piaditis, G., Angelousi, A., Kaltsas, G., Mastorakos, G., & Kassi, E. (2017, February 28). Vitamin D and aspects of female fertility. Retrieved from https://link.springer.com/article/10.14310/horm.2002.1715
  2. Miliku, K., Vinkhuyzen, A., Blanken, L. M., McGrath, J. J., Eyles, D. W., Burne, T. H., . . . Jaddoe, V. W. (2016, June). Maternal vitamin D concentrations during pregnancy, fetal growth patterns, and risks of adverse birth outcomes. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5410992/
  3. Qin, L., Lu, F., Yang, S., Xu, H., & Luo, B. (2016, May 20). Does Maternal Vitamin D Deficiency Increase the Risk of Preterm Birth: A Meta-Analysis of Observational Studies. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4882713/
  4. https://grassrootshealth.net/wp-content/uploads/2017/01/MRIP-chart-booklet-08-2018.pdf
  5. Wagner, C. L., Baggerly, C., McDonnell, S., Baggerly, K. A., French, C. B., Baggerly, L., . . . Hollis, B. W. (2016, January). Post-hoc analysis of vitamin D status and reduced risk of preterm birth in two vitamin D pregnancy cohorts compared with South Carolina March of Dimes 2009-2011 rates. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26554936
  6. Hollis, B. W., & Wagner, C. L. (2013, December). Clinical review: The role of the parent compound vitamin D with respect to metabolism and function: Why clinical dose intervals can affect clinical outcomes. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3849670/
  7. Holick, M. F., Binkley, N. C., Bischoff-Ferrari, H. A., Gordon, C. M., Hanley, D. A., Heaney, R. P., . . . Endocrine Society. (2011, July). Evaluation, treatment, and prevention of vitamin D deficiency: An Endocrine Society clinical practice guideline. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21646368
  8. Hollis, B. W., Wagner, C. L., Howard, C. R., Ebeling, M., Shary, J. R., Smith, P. G., . . . Hulsey, T. C. (2015, October). Maternal Versus Infant Vitamin D Supplementation During Lactation: A Randomized Controlled Trial. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4586731/
  9. Wagner, Carol L.; Hulsey, Thomas C.; Fanning, Deanna; Ebeling, Myla; Hollis, Bruce W. (2006): High-dose vitamin D3 supplementation in a cohort of breastfeeding mothers and their infants: a 6-month follow-up pilot study. In: Breastfeeding medicine : the official journal of the Academy of Breastfeeding Medicine 1 (2), S. 59–70. DOI: 10.1089/bfm.2006.1.59
  10. Gellert, S., Ströhle, A., Bitterlich, N., & Hahn, A. (2017, July). Higher prevalence of vitamin D deficiency in German pregnant women compared to non-pregnant women. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28526926
  11. Mansur, J., L et al. (2022, May) Vitamin D: Before, during and after Pregnancy: Effect on Neonates and Children. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9105305/

Bild: Pixel-Shot / Shutterstock