Gesund durch UV-Licht

Gesund durch UV-Licht

Sonnenlicht: Gesundheitsfördernde Wirkung abseits vom Vitamin D

Verschiedene Krankheiten der menschlichen Haut, wie Schuppenflechte, atopische Dermatitis, Neurodermitis und lokalisierte Sklerodermie können ‒ unabhängig von der Vitamin D-Synthese ‒ mit Sonnenstrahlung (Heliotherapie) oder künstlicher UV-Strahlung (Phototherapie) behandelt werden.

Eine UV-Exposition kann zudem die klinischen Symptome der Multiplen Sklerose unterdrücken, den Blutdruck senken und wirkt sich allgemein positiv auf die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems aus.

Jeder kennt es: Wenn nach trüben Tagen die Sonne wieder scheint, haben Sonnenstrahlen eine überragende Wirkung auf unser Wohlbefinden und unsere physische sowie psychische Gesundheit! Die wirkungs- und energiereichsten Strahlen der Sonne sind die ultravioletten Strahlen (UV-Strahlen) in einer Wellenlänge zwischen 100 – 380 Nanometer. Das UV-Licht ist für das menschliche Auge unsichtbar. Beim Auftreffen auf die menschliche Haut haben sie unterschiedlichste Wirkungen abseits der Vitamin D-Produktion, auf die wir hier näher eingehen.


Tageslicht sorgt für einen ausgeglichenen Serotonin- und Melatoninhaushalt

Eine der wichtigen, aber vielleicht zu wenig anerkannten und bekannten Rollen des Sonnenlichts ist die Regulierung des zirkadianen Rhythmus. Das in der Zirbeldrüse produzierte Melatonin ist ein wichtiger Schrittmacher für viele zirkadiane Rhythmen des Körpers. Es spielt auch eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Infektionen, Entzündungen, Krebs und Autoimmunität und unterdrückt UV-strahlungsinduzierte Hautschäden (1).

Als tagaktive Lebewesen sind wir Menschen darauf programmiert, draußen zu sein während die Sonne scheint und nachts zu schlafen. Aus diesem Grund wird Melatonin in den dunklen Stunden produziert und bei optischer Einwirkung von Tageslicht wird dieser Prozess gestoppt. Der Melatonin-Vorläufer, Serotonin, ist von der Tageslichtexposition abhängig. Normalerweise tagsüber produziert, wird Serotonin nur bei Dunkelheit in Melatonin umgewandelt. Während hohe Melatoninwerte langen Nächten und kurzen Tagen entsprechen, spiegeln hohe Serotoninwerte in Anwesenheit von Melatonin kurze Nächte und lange Tage (d.h. längere UV-Exposition) wider. Mäßig hohe Serotoninwerte führen zu positiveren Stimmungen und einer ruhigen, aber konzentrierten mentalen Einstellung.

Wenn die Menschen morgens dem Sonnenlicht oder sehr hellem Kunstlicht ausgesetzt sind, tritt ihre nächtliche Melatoninproduktion früher ein, und sie gehen nachts leichter in den Schlaf. Denn der blaue Lichtanteil der Sonne bzw. des Kunstlichtes (420-460 nm),  unterdrückt die Melatonin-Produktion (2) und beeinflusst so den zirkadianen Rhythmus. Ein Spaziergang am frühen Morgen und/oder am späten Nachmittag hilft, den zirkadianen Rhythmus synchron zu halten. Zu viel blaues Licht in der Nacht, z.B. von Computer- und Fernsehbildschirmen, stört die Melatoninproduktion signifikant und führt zu verzögertem Einschlafen und generellen Schlafstörungen. Schlafprobleme sind vorprogrammiert und die Entwicklung chronischer Krankheiten wird begünstigt.

Die Melatoninproduktion spiegelt auch die jahreszeitliche Schwankung der Lichtverfügbarkeit, wobei das Hormon im Winter länger als im Sommer produziert wird. Die Melatonin-Rhythmus-Phasenverschiebung, die durch die Exposition gegenüber hellem Morgenlicht hervorgerufen wird, ist wirksam gegen Schlaflosigkeit, prämenstruelles Syndrom und Winterdepression, auch saisonale affektive Störungen (SAD) genannt.

Für Menschen in Berufen, in denen die Sonneneinstrahlung begrenzt ist, kann eine Vollspektrum-Beleuchtung sehr hilfreich sein. Sonnenbrillen können den Zugang der Augen zum vollen Sonnenlicht weiter einschränken und dadurch den Melatonin-Rhythmus verändern. Wenn man bei Tageslicht, auch nur für 10-15 Minuten, schattenfrei geht, kann dies erhebliche gesundheitliche Vorteile mit sich bringen.


Krebsfaktoren: Sonnenlicht, Melatonin und der Tag-Nacht-Rythmus

In einer 2016 veröffentlichten Studie (3,4) stellte sich heraus, dass Nachtschichtarbeiter deutlich geringere Mengen eines Stoffwechselproduktes (8-OH-dG) über ihren Urin ausscheiden, wenn sie tagsüber schlafen (23% weniger im Vergleich zu ihrem eigenen Nachtschlaf und 17% weniger im Vergleich zum Nachtschlaf von Personen, die nicht in Nachtschicht arbeiten).

8-OH-dG ist ein durch freie Radikale veränderter Baustein der DNA, der von Reparaturenzymen durch intaktes DNA-Material ersetzt wird. Wird 8-OH-dG im Urin nachgewiesen, so weist dies auf eine erfolgreiche DNA-Reparatur hin. Die geringere 8-OH-dg-Ausscheidung der Nachtschichtarbeiter deutet also darauf hin, dass der DNA-Reparaturmechanismus während des Tagschlafs eingeschränkt ist und somit zu vermehrten oxidativen DNA-Schäden führen kann.

Forscherteam vermutet, dass die Ursache für die verringerte DNA-Reparatur beim Melatonin liegt:

DNA-Reparatur durch Melatonin

Melatonin steuert nicht nur den Tag-Nacht-Rhythmus, sondern wirkt auch antioxidativ, d.h. es deaktiviert freie Radikale. Durch eine verminderte Melatoninkonzentration beim Tagschlaf können Nachtschichtarbeiter jedoch weniger von Melatonin als Radikalfänger profitieren.

In ihrer kürzlich publizierten zweiten Studie (2017) verglichen die Forscher die nächtliche 8-OH-dG-Ausscheidung beim Nachtschlaf mit der Ausscheidung bei Nachtarbeit. Auch hier zeigte sich eine enorme Differenz: Bei der Nachtarbeit wurde nur 20% der OH-dG-Ausscheidungsmenge erreicht, die beim Nachtschlaf gemessen wurde.

Zusätzlich zu der Wirkung von Vitamin D schützt also offensichtlich das Sonnenlicht und die damit verbundene lichtabhängige Melatoninproduktion die Erbsubstanz in unseren Zellen.

 


UVA-Strahlung senkt Blutdruck

Einen weiteren Aspekt fügt eine Studie (5) von den Universitäten von Southampton und Edinburgh, UK, den seit langem bekannten Erkenntnissen hinzu: Sonnenlicht beeinflusst die Menge und Ausschüttung des Botenstoffs Stickoxid (nitric oxide, NO) in der Haut und den Übergang ins Blut. NO wiederum reguliert den Blutdruck, entspannt die Gefäße, senkt den Blutdruck und damit das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall.

In den Versuchen wurden 24 gesunde Frauen und Männer über zweimal 20 Minuten auf der Sonnenbank mit UV-A-Licht bestrahlt.
Ergebnis: Die UV-A-Strahlen aktivieren den Stoffwechsel der reichlich in der Oberhaut vorhandenen Stickoxide und erhöhen so den NO-Spiegel im Blut und senken den Blutdruck, ohne den Vitamin D-Spiegel zu beeinflussen (dafür wäre eine UV-B-Bestrahlung notwendig). Die Sonne aus Angst zu meiden erhöht laut Studienautor Prof. Martin Feelisch daher unnötig das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.


Dermatologische Anwendungen – Phototherapie

Bereits vor mehreren tausend Jahren wurde Sonnenlicht (Heliotherapie) in Ägypten, Griechenland und Rom zur Behandlung verschiedener Hauterkrankungen eingesetzt. Damals wurde die Bedeutung der UV-Strahlung nicht erkannt, da UV-Strahlen erst 1801 entdeckt wurden. 1903 erhielt Niels Ryberg Finsen den Nobelpreis „in Anerkennung seines Beitrags zur Behandlung von Krankheiten, insbesondere von Lupus vulgaris, mit konzentrierter Lichtstrahlung, wodurch er einen neuen Weg für die medizinische Wissenschaft eröffnet hat“.

In unseren Tagen ist die Phototherapie eine wertvolle Option in der Behandlung vieler psoriatischer und nicht-psoriatischer Erkrankungen, einschließlich atopischer Dermatitis, sklerosierender Hauterkrankungen wie Morphea, Sklerodermie, Vitiligo und Mykose fungoides. Die Phototherapie umfasst somit die Behandlung bestimmter Hauterkrankungen mit UV-Strahlung, die von der Sonne erzeugt werden kann oder von Leuchtstofflampen, sowie Kurzbogenlampen mit UV-Filtern und Lasern.


Multiple Sklerose und UV-Strahlung

Auch bei der Multiplen Sklerose werden inzwischen Vitamin D-unabhängige positive Wirkungen von UV-Strahlung auf das Immunsystem vermutet. Die Exposition gegenüber ultravioletter Strahlung kann zu einer Immuntoleranz führen, die für MS vorteilhaft ist, und zwar durch die Hochregulation von regulatorischen T- und B-zellen, erhöhte cis-Urocaninsäurewerte (6), Veränderungen im Zellsignalaustausch mit dendritischen Zellen sowie die Freisetzung einer Reihe anderer Zytokine und Chemokine.


Schmerzen lindern durch UV-Bestrahlung

Sonnenbäder oder Solarien haben Potenzial, Schmerzen bei Patienten mit Fibromyalgie zu lindern.

Larisa Birta - Foto: unsplash.com
UV-Strahlung wirkt schmerzlindernd

Patienten mit dem chronischen Schmerzzustand Fibromyalgie, hatten in einer Pilotstudie an der indischen Medizinischen Universität von Gujarat, eine größere kurzfristige Abnahme der Schmerzen nach der UV-Bestrahlung im Vergleich zur Nicht-UV-Bestrahlung berichtet (7). Dabei wurden die Häufigkeit von Kopfschmerz, Migräne und Fibromyalgie in Regionen mit unterschiedlicher Sonneneinstrahlung und damit unterschiedlichen Vitamin D-Werten in der Bevölkerung verglichen.

Ergebnis in Kürze: Je sonniger, desto weniger Schmerzen.


Noch ausführlicher über die gesundheitsförderneden Wirkungen der Sonnenstrahlung abseits vom Vitamin D berichten wir im verlinkten Artikel, klicken Sie hier damit Sie weitergeleitet werden!

Quellen:

  1. Mead, M. N. (2008, April). Benefits of sunlight: A bright spot for human health. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2290997/
  2. Brainard, G. C., Sliney, D., Hanifin, J. P., Glickman, G., Byrne, B., Greeson, J. M., . . . Rollag, M. D. (2008, October). Sensitivity of the human circadian system to short-wavelength (420-nm) light. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18838601 
  3. Bhatti, P., Mirick, D. K., Randolph, T. W., Gong, J., Buchanan, D. T., Zhang, J. & Davis, S. (2017). Oxidative DNA damage during night shift work [Abstract]. Occupational and Environmental Medicine, 74(9), 680-683.
  4.  Bhatti, P., Mirick, D. K., Randolph, T. W., Gong, J., Buchanan, D. T., Zhang, J. & Davis, S. (2016). Oxidative DNA damage during sleep periods among nightshift workers [ABSTRACT]. Occupational and Environmental Medicine, 73(8), 537-544.
  5. Liu, D. et al., UVA Irradiation of Human Skin Vasodilates Arterial Vasculature and Lowers Blood Pressure Independently of Nitric Oxide Synthase, Journal of Investigative Dermatology, 2014
  6. Correale, J., & Farez, M. F. (2013). Modulation of multiple sclerosis by sunlight exposure: Role of cis-urocanic acid. Journal of Neuroimmunology, 261(1-2), 134-140. doi:10.1016/j.jneuroim.2013.05.014
  7. Taylor, S. L., Kaur, M., LoSicco, K., Willard, J., Camacho, F., O’Rourke, K. S., & Feldman, S. R. (2009, January). Pilot study of the effect of ultraviolet light on pain and mood in fibromyalgia syndrome. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19769472

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