Vitamin D, Kalzium und die Sango Koralle

Vitamin D, Kalzium und die Sango Koralle

Kalzium spielt eine wichtige Rolle im Knochenstoffwechsel, wo es auch gemeinsam mit Vitamin D interagiert. Der Mineralstoff wird außerdem für verschiedene zelluläre Prozesse benötigt, wie zum Beispiel die Muskel- und Gefäßkontraktion, Nervenimpulsübertragung, aber auch für die Herz-, Nieren- und Lungenfunktion sowie die Blutgerinnung und das Hormonsystem. Doch sollte Kalzium  zusammen mit Vitamin D oder gar als Monopräparat eingenommen werden? Unsere Antworten finden Sie in diesem Newsfeed.

 

Wege der Kalziumaufnahme

Kalzium wird vornehmlich über die Ernährung aufgenommen und sollte dem Körper laut offiziellen nationalen und internationalen Empfehlungen mit 800-1000 mg pro Tag zugeführt werden. Proteingebundenes Kalzium aus Lebensmitteln wird im Magen durch die Magensäure freigesetzt, ehe es im Darm resorbiert werden kann (1). Eine intakte Magensäure ist also wichtig, damit eine effektive Kalziumaufnahme im Darm stattfinden kann.

Das Kalzium wird nach der Freisetzung im Darm über 2 verschiedene Transportmechanismen resorbiert (2,3):

  1. Über den transzellulären aktiven Transport: Dieser findet bei niedriger bis normaler Kalziumzufuhr größtenteils im Zwölffingerdarm und im oberen Leerdarm statt und ist vom aktiven Vitamin D (Calcitriol) abhängig. Ist der Vitamin D-Spiegel im Blut zu niedrig, kann dieser Prozess nicht ordnungsgemäß ablaufen.
  2. Über den parazellulären passiven Transport, der über die gesamte Länge des Darms mittels eines Diffusionsmechanismus funktioniert.

Am Beispiel einer Interventionsstudie lässt sich die Verbesserung des Vitamin D-Spiegels auf die Kalziumaufnahme veranschaulichen. Zwei Vergleichsgruppen wurden dabei mit kalziumarmer Ernährung und relativ niedrig dosierten Kalziumpräparaten versorgt, wobei eine der beiden Gruppen mit Vitamin D versorgt wurde. Trotz der Tatsache, dass der mittlere Vitamin D-Spiegel in der Gruppe ohne Vitamin D-Supplementierung mit 20 ng/ml den offiziellen Empfehlungen der Vitamin D-Versorgung entsprach, konnte die Vitamin D-Gruppe mit Spiegeln von 34,4 ng/ml signifikante 65% mehr Kalzium absorbieren (4). Welche Vitamin D-Werte wir als ausreichend betrachten, können Sie hier nachlesen >>


Die Rolle von Vitamin D bei der Kalziumaufnahme und -steuerung für unsere Knochengesundheit

Abb. 1: Knochen

Kalzium wird zum überwiegendem Teil in den Knochen und Zähnen gespeichert und bei Bedarf, für die in der Einleitung genannten Funktionen, freigesetzt. Um die Kalziumkonzentration im Blut nach oben hin zu regulieren, sorgt ein erhöhter PTH-Spiegel im Blut für die Mobilisierung des in den Knochen gespeicherten Kalziums. Dies geschieht aber nur dann, wenn zu wenig Kalzium über den Darm aufgenommen werden kann, was in den meisten Fällen durch einen Vitamin D-Mangel verursacht wird. Bleibt dieser Zustand über längere Zeit aufrecht, führt dies zu Osteomalazie, Osteoporose, Rachitis bei Kindern oder Zahnschmelzverlust und anderen degenerativen Erscheinungen.

Bezeichnenderweise finden sich die niedrigsten Parathormonwerte bei Vitamin D-Spiegeln von > 40 ng/ml aufwärts (5).

Denn Vitamin D ist ein wesentlicher Faktor bei der aktiven, transzellulären Aufnahme von Kalzium im Darm, aber auch die Steuerung des Knochenminerals ist vom Sonnenhormon abhängig. Wenn die Gefahr eines Kalziummangels besteht, sollte also zuallererst der Vitamin D-Spiegel kontrolliert werden. Denn nur falls bei einem regelrechten Vitamin D-Spiegel von über 40 ng/ml, immer noch ein Kalziummangel vorhanden ist, macht eine Supplementation oder Medikation mit dem Mineralstoff Sinn.

Vitamin D steuert Kalzium indirekt auch dahingehend, als dass es die Konzentration des sogenannten Matrix-Gla-Proteins (MPG) positiv beeinflusst (6). MPG ist für die Einlagerung des Kalziums in die Knochen wichtig und verhindert die Ablagerung von Kalzium in den Gefäßen. In anderen Worten: Es sorgt dafür, dass das Kalzium dort ankommt, wo es gebraucht wird. MPG wird unter anderem auch von Vitamin K2 aktiviert, worüber wir bereits einen ausführlichen Artikel verfasst haben.

Fällt der Vitamin D-Spiegel unter 30 ng/ml, was in der 2015 vom RKI publizierten Studie bei 88% der erfassten Deutschen der Fall war (7), so kann auch die Verkalkung des neu gebildeten Osteoids im Knochen und damit die Knochengesundheit nicht mehr gewährleistet werden (8). Eine Osteomalazie und Verschlechterung der Knochenstruktur sind damit vorprogrammiert.

Der Zusammenhang der Kalziumaufnahme mit dem Vitamin D-Spiegel wurde auch in einer älteren Studie mit insgesamt 944 gesunden Probanden nachgewiesen. Dort ist zwar von niedrigeren Vitamin D-Spiegeln (18 ng/ml) die Rede, die Schlussfolgerung bezieht sich jedoch auf die notwendige Kalziumzufuhr bei einem gewissen Vitamin D-Spiegel:

„Solange der Vitamin-D-Status sichergestellt ist, ist eine Kalziumaufnahme von mehr als 800 mg/Tag zur Aufrechterhaltung des Kalziumstoffwechsels nicht erforderlich. Vitamin-D-Präparate sind für einen angemessenen Vitamin-D-Status in nördlichen Klimazonen erforderlich“ (9).


Kalziumpräparate können Herzerkrankungen verursachen

Abb. 2: Herzerkrankung

Die 2011 in Heidelberg durchgeführte EPIC-Studie (10) untersuchte wie sich die Aufnahme von Kalzium und Kalziumpräparaten auf das Risiko eines Herzinfarktes, Schlaganfalls oder generell einer kardiovaskulären Erkrankung auswirkt. Die 23.980 Teilnehmer im Alter von 35-64 Jahren waren bei Beginn der Studie frei von kardiovaskulären Erkrankungen und wurden im Durchschnitt über 11 Jahre beobachtet.

Dabei zeigt sich bei der isolierten Einnahme von Kalzium-Monopräparaten ohne andere Nahrungsergänzungsmittel ein erhöhtes Risiko um den Faktor 2,4 einen Herzinfarkt zu manifestieren. Wurden Kalziumpräparate mit anderen Präparaten kombiniert, dann war das Risiko immer noch um 86% höher, als bei den Studienteilnehmern, die keine Kalziumprodukte einnahmen.

Die moderate Kalziumzuführung von 820 mg/Tag über die Nahrung senkte das Risiko eines Herzinfarktes jedoch um 30% !

Diese Zuführungsmenge sollte mit einer großteils ausgewogenen Ernährung kein Problem darstellen.

Eine weitere 2013 veröffentlichte Studie (11) des amerikanischen Instituts für Gesundheit (NIH) unterstreicht ebenfalls das Risiko für Männer an Kalziumpräparaten durch Herzerkrankungen zu versterben. Hierbei wurden 388.229 Probanden 12 Jahre lang beobachtet. Bei einer täglichen Einnahme von 1000 mg Kalzium als Supplement wurde eine um 20% höhere Sterblichkeit bei Männern durch Herzerkrankungen festgestellt. Die Kalziumaufnahme rein über die Nahrung war auch bei dieser Studie ausdrücklich nicht mit einer höheren Sterblichkeit durch Herzerkrankungen verbunden.

Auch bei Frauen erhöhte sich in einer placebokontrollierten Studie das Risiko durch Kalziumpräparate sowohl mit als auch ohne zusätzlichem Vitamin D, durch einen Herzinfarkt zu versterben um 24% (12).


Sango Meereskoralle

Oft werden wir gefragt, ob die Sango Meerekoralle aufgrund des relativ hohen Kalziumanteils Gefahren der Arterienverkalkung in Kombination mit der Einnahme von Vitamin D birgt.

Die Sango Meereskoralle hat in der Regel einen Kalziumgehalt von 20%, der aber ergänzt wird durch 10% Magnesiumanteil und anderen Mengen- und Spurenelementen. Folgt man den Einnahmeempfehlungen der Hersteller, die sich auf eine Zufuhrmenge von 3g täglich beziehen, so addiert sich die tägliche Zuführungsdosierung von Kalzium dadurch auf 600 mg täglich, was eher eine überschaubare Menge darstellt. Zusätzlich sorgt der Gegenspieler und Kofaktor von Kalzium, nämlich das Magnesium in der Sango Meereskoralle für zahlreiche positive Effekte, die wir in einem eigenen Artikel aufbereit haben.

Aufgrund der überschaubaren Menge an Kalzium und dem Zusammenspiel mit dem Magnesium, das laut aktuellem Wissenstand im optimalen Verhältnis von 2:1 vorhanden sein sollte, scheint eine erhöhte Gefahr von Gefäßverkalkungen durch die langfristige Einnahme eher unwahrscheinlich. Bei einer insgesamt extrem kalziumhaltigen Ernährungsweise könnte dies eventuell anders aussehen. Um auf Nummer Sicher zu gehen, empfiehlt sich ohnehin eine zusätzliche Einnahme von Vitamin K2, über das wir ebenfalls einen ausführlichen Artikel erstellt haben. Vitamin K2 ist nämlich nicht nur essentiell wichtig für den Transport des Kalziums in die Knochen, sondern schützt auch gleichzeitig die Gefäße vor Verkalkungen (13).

Die Einnahme der Sango Meereskoralle kann also bei kalziumarmer Ernährungsweise unterstützend wirken. Optimalerweise wird die benötigte Kalzium-Menge von 800-1000 mg/Tag aber über die Ernährung aufgenommen.


Fazit: Kalzium ist ein wichtiger Kofaktor von Vitamin D und für die Knochen und viele andere Funktionen von großer Bedeutung. Eine regelrechte Kalziumversorgung findet 1. über die Nahrung und 2. über einen adäquaten Vitamin D-Spiegel statt. Eine tägliche Zufuhr zwischen 800 – 1000 mg ist über die Ernährung ohne weiteres zu zu erreichen. Kalziumpräparate sind daher bei einer ausgewogenen Ernährungsweise in der Regel nicht notwendig. Bei dennoch festgestelltem Kalzium-Mangel sollte vor einer ärztlich angeordneten (!) Kalzium-Einnahme zunächst ein eventuell vorliegender Vitamin D-Mangel behoben werden, der Ursache für eine gestörte Kalzium-Aufnahme sein kann. Eine Kalzium-Supplementierung ohne vorliegenden Mangel kann Herzerkrankungen verursachen.

Quellen:

  1. Kuwabara, A., & Tanaka, K. (2015, November). The role of gastro-intestinal tract in the calcium absorption. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26503863
  2. Bronner, F. (2002). Mechanisms of intestinal calcium absorption. Journal of Cellular Biochemistry, 88(2), 387–393. doi: 10.1002/jcb.10330
  3. Christakos, S. (2012). Recent advances in our understanding of 1,25-dihydroxyvitamin D3 regulation of intestinal calcium absorption. Archives of Biochemistry and Biophysics, 523(1), 73–76. doi: 10.1016/j.abb.2011.12.020
  4. Heaney, R. P., Dowell, M. S., Hale, C. A., & Bendich, A. (2003). Calcium Absorption Varies within the Reference Range for Serum 25-Hydroxyvitamin D. Journal of the American College of Nutrition, 22(2), 142–146. doi: 10.1080/07315724.2003.10719287
  5. Ginde, A. A., Wolfe, P., Camargo, C. A., & Schwartz, R. S. (2012, January). Defining vitamin D status by secondary hyperparathyroidism in the U.S. population. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21606669.
  6. van Ballegooijen, A. J., Beulens, J. W. J., Schurgers, L. J., de Koning, E. J., Lips, P., van Schoor, N. M., & Vervloet, M. G. (2019, January 22). Effect of 6-Month Vitamin D Supplementation on Plasma Matrix Gla Protein in Older Adults. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30678199
  7. Rabenberg, Martina; Scheidt-Nave, Christa; Busch, Markus A.; Rieckmann, Nina; Hintzpeter, Birte; Mensink, Gert B. M. (2015): Vitamin D status among adults in Germany–results from the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1). In: BMC public health 15, S. 641. DOI: 10.1186/s12889-015-2016-7.
  8. Domarus, Christoph von; Brown, Jonathan; Barvencik, Florian; Amling, Michael; Pogoda, Pia (2011): How much vitamin D do we need for skeletal health? In: Clinical orthopaedics and related research 469 (11), S. 3127–3133.
  9. Steingrimsdottir, L. (2005). Relationship Between Serum Parathyroid Hormone Levels, Vitamin D Sufficiency, and Calcium Intake. Jama, 294(18), 2336. doi: 10.1001/jama.294.18.2336
  10. Li, K., Kaaks, R., Linseisen, J., & Rohrmann, S. (2012, June 15). Associations of dietary calcium intake and calcium supplementation with myocardial infarction and stroke risk and overall cardiovascular mortality in the Heidelberg cohort of the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition study (EPIC-Heidelberg). Retrieved from https://heart.bmj.com/content/98/12/920.long
  11. Xiao, Q., Murphy, R. A., Houston, D. K., Harris, T. B., Chow, W.-H., & Park, Y. (2013, April 22). Dietary and supplemental calcium intake and cardiovascular disease mortality: the National Institutes of Health-AARP diet and health study. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23381719
  12. Bolland, M. J., Grey, A., Avenell, A., Gamble, G. D., & Reid, I. R. (2011, April 19). Calcium supplements with or without vitamin D and risk of cardiovascular events: reanalysis of the Women’s Health Initiative limited access dataset and meta-analysis. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21505219
  13. Schurgers, L. J., Spronk, H. M., Soute, B. A., Schiffers, P. M., Demey, J. G., & Vermeer, C. (2007). Regression of warfarin-induced medial elastocalcinosis by high intake of vitamin K in rats. Blood. doi:10.1182/blood-2006-07-035345

Bilder:

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Abb. 1: von Joey Hajda auf Pixabay

Abb. 2: Bild von Pexels auf Pixabay

Der optimale Vitamin D-Spiegel

Der optimale Vitamin D-Spiegel

Viele institutionelle und staatliche Organisationen konnten sich trotz zahlreicher Appelle führender Vitamin D-Forscher bis heute noch immer nicht durchringen, wenigstens den Vitamin D-Mangelgrenzwert von 20 ng/ml auf 30 ng/ml anzuheben. Folgt man beispielsweise der Deutschen Gesellschaft für Ernährung oder dem Robert Koch-Institut, so könnte man meinen, dass alle Werte über der 20 ng/ml-Marke völlig ausreichend sind. In diesem Beitrag belegen wir, warum Ihr Vitamin D-Spiegel eher zwischen 40-60 ng/ml oder eventuell sogar darüber liegen sollte.

Viele Jahrzehnte war es üblich, Referenzwerte (Normalwerte) im Blut dadurch festzulegen, dass die Messwerte bei einer Anzahl von „Normalpersonen“ bestimmt wurden. Als normal werden solche Ergebnisse bezeichnet, die bei 95 Prozent aller gesunden Untersuchten gefunden werden. Unabhängig davon, dass die Referenzbereiche für ein und denselben Parameter – abhängig von der verwendeten Analysemethode und dem Messgerät – stark variabel sind, wurde man sich in den vergangenen Jahren zunehmend der Problematik bewusst, dass die Auswahl der „Normalpersonen“ schwierig und mit Blick auf das gewählte Verfahren mehr als fraglich ist. Angesichts der weit verbreiteten chronischen Krankheiten und den in der Regel bereits Jahre vor dem Krankheitsnachweis bestehenden Stoffwechselstörungen der Bevölkerung, kann dies sicherlich nicht (mehr) einfach eine repräsentative Auswahl aus der Bevölkerung sein.


Gute Parathormonspiegel erst ab 40 ng/ml

Eine korrektere Vorgehensweise für die Festlegung eines Normalbereiches ist die Dokumentation des Vitamin D-Gegenspielers namens Parathormon (PTH), das wie das Vitamin D für den Kalziumstoffwechsel im Blut zuständig ist. Sinkt der Vitamin D-Spiegel im Blut ab und ist damit die Kalziumaufnahme aus dem Darm nicht mehr sichergestellt, steigt kompensatorisch das Parathormon im Serum an, wodurch vermehrt Calcium aus den Knochen mobilisiert und somit die Grundlage für Osteoporose geschaffen wird.

Bezeichnenderweise finden sich die niedrigsten Parathormonwerte in einem Vitamin D-Bereich von > 40 ng/ml (1).


Knochenaufbau erst ab 30 ng/ml aufwärts

Hamburger Osteologen haben einen weiteren, eleganten Nachweis für die physiologische Untergrenze des Sonnenhormons im Blut geführt (2). Sie konnten auf der Basis von Knochenbiopsien zeigen, dass unterhalb von 30 ng/ml die Verkalkung des neu gebildeten Osteoids im Knochen nicht mehr gewährleistet ist (Abb. 1). Dadurch entsteht eine Osteomalazie, die im kindlichen Alter als Rachitis bezeichnet wird und seit der Einführung der generellen Vitamin D-Supplementation bei Säuglingen dadurch weitestgehend verschwunden ist.

Abb. 1: Personen mit Vitamin D-Werten <30 ng/ml zeigen elektronenmikroskopisch eine reduzierte Knochendichte (A) und histomorphometrisch (die quantitative Untersuchung der mikroskopischen Organisation und Struktur eines Gewebes) eine vermehrte Osteoidbildung (C) gegenüber Personen mit Vitamin D-Werten > 30 ng/ml (B und D) (2).


Niedrigste Sterblichkeit ab 40-50 ng/ml

Auch im Rahmen klinisch-epidemiologischer Untersuchungen finden sich deutliche Hinweise, dass der untere Referenzwert des Vitamin D-Spiegels eher bei 30 oder 40 ng/ml zu suchen ist als bei 20 ng/ml. So zeigt eine Meta-Analyse aus 32 Studien zur allgemeinen Sterblichkeit in Abhängigkeit vom Vitamin D-Spiegel eine gesteigerte Mortalität unterhalb eines Wertes von 40 ng/ml (Abb. 2, (nach 3)).

 

Abb 2: Deutliche Zunahme der allgemeinen Mortalität bei einem Vitamin D Spiegel unterhalb von 40 ng/ml (nach 3).


Vitamin D erst ab 48 ng/ml in Muttermilch

Ein weiterer, physiologischer Parameter ist der Übertritt von Vitamin D der Mutter in die Muttermilch. Dies geschieht sogar erst ab einem Vitamin-Spiegel > 48 ng/ml (4). Aus diesem Zusammenhang erklärt sich, warum infolge des weit verbreiteten Vitamin D-Mangels der Mütter die Muttermilch praktisch frei von Vitamin D ist (was früher auch bei gestillten Kindern zu Rachitis geführt hat). Umgekehrt konnte gezeigt werden, dass durch eine ausreichend hohe Supplementation der Mutter (6400 I.E./Tag) ein für die kindliche Versorgung adäquater Vitamin D Spiegel in der Muttermilch erreicht wird (5).

Noch mehr Argumente, die sich für höhere Vitamin D-Spiegel aussprechen, finden Sie auf unserer Hauptseite zu diesem Thema!


Sind auch 40-60 ng/ml zu niedrig angesetzt?

Neueste Erkenntnisse stellen aber nun sogar den bislang von führenden Vitamin D-Forschern festgelegten optimalen Vitamin D-Spiegel von 40-60 ng/ml infrage. Einer dieser Vitamin D-Koryphäen ist Michael Holick. Er publizierte  im November 2019 eine randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie, bei der die Genaktivität nach verschieden hohen Vitamin D-Verabreichungen beobachtet wurde (Abb. 3). Die 30 Probanden wurden dabei 6 Monate lang in drei Gruppen  mit Vitamin D-Dosen von jeweils 10.000 I.E., 4000 I.E. und 600 I.E. täglich versorgt. Die bahnbrechende Erkenntnis dieser Studie fand sich bei den höchst dosierten Teilnehmern, denn hier führten die beachtlichen mittleren Vitamin D-Spiegel von 78,8 ng/ml zu einer Hoch- bzw. Runterregulierung von insgesamt 1289 Genen. Die Gruppe, die mit 4000 I.E. supplementiert wurde und deren Spiegel dadurch bei 40,8 ng/ml lag, konnte immerhin noch 320 Gene regulieren, während es die niedrig dosierte Gruppe (600 I.E.) nur auf einen Spiegel von 24,3 ng/ml und eine Regulation von lediglich 162 Genen brachte (9). Eine volle Entfaltung des Vitamin D scheint demnach also erst bei Spiegeln von deutlich über 60 ng/ml stattzufinden, natürlich nur bei täglicher Gabe, was wir in einem anderem Artikel bereits aufbereitet haben.

Abb. 3: Regulierung der Gene in Abhängigkeit von der  täglich zugeführten Vitamin D-Menge und dem damit einhergehenden Vitamin D-Spiegel (nach 6).

Ferner wurden bei dieser Studie auch die Kalzium- und Parathormonwerte, auf die wir weiter oben bereits eingegangen sind, bei allen 30 Probanden in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Bei allen 3 Gruppen gab es keine signifikanten Veränderungen des Kalziumspiegels, jedoch nahm der Parathormonspiegel um 17,5% bzw. 33,3% nach 16 Wochen in der 4000er und der 10.000er-Gruppe ab und pendelte sich auf diesem Niveau für die restliche Studiendauer ein.


Fazit: Der Vitamin D-Spiegel sollte sich stets oberhalb der 30 ng/ml-Mangelgrenze (optimal zwischen 40 - 60 ng/ml) befinden. Ansonsten erfolgt ein kompensatorischer Anstieg des Parathormons, das ersatzweise Kalzium aus den Knochen mobilisiert, um den erforderlichen Kalziumspiegel im Blut aufrecht zu erhalten. Die zahlreichen anderen positiven Wirkungen von Vitamin D im Körper kann das Parathormon bei einem Vitamin D-Mangel jedoch nicht ausgleichen. Der Optimalwert von 40-60 ng/ml ist allerdings nicht als dauerhafte Größe anzusehen und könnte sich in den nächsten Jahren, sollten sich die Untersuchung von Dr. Holick (6) und seinen Kollegen bestätigen, nochmals nach oben hin verschieben.

Quellenangaben:

  1. Ginde, A. A., Wolfe, P., Camargo, C. A., & Schwartz, R. S. (2012, January). Defining vitamin D status by secondary hyperparathyroidism in the U.S. population. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21606669.
  2. Domarus, Christoph von; Brown, Jonathan; Barvencik, Florian; Amling, Michael; Pogoda, Pia (2011): How much vitamin D do we need for skeletal health? In: Clinical orthopaedics and related research 469 (11), S. 3127–3133.
  3. Garland, C. F., Kim, J. J., Mohr, S. B., Gorham, E. D., Grant, W. B., Giovannucci, E. L., … Heaney, R. P. (2014, August). Meta-analysis of all-cause mortality according to serum 25-hydroxyvitamin D. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24922127.
  4. Hollis, Bruce W.; Wagner, Carol L.; Howard, Cynthia R.; Ebeling, Myla; Shary, Judy R.; Smith, Pamela G. et al. (2015): Maternal Versus Infant Vitamin D Supplementation During Lactation: A Randomized Controlled Trial. In: Pediatrics 136 (4), S. 625–634. DOI: 10.1542/peds.2015-1669
  5. Wagner, Carol L.; Hulsey, Thomas C.; Fanning, Deanna; Ebeling, Myla; Hollis, Bruce W. (2006): High-dose vitamin D3 supplementation in a cohort of breastfeeding mothers and their infants: a 6-month follow-up pilot study. In: Breastfeeding medicine : the official journal of the Academy of Breastfeeding Medicine 1 (2), S. 59–70. DOI: 10.1089/bfm.2006.1.59
  6. Shirvani, A., Kalajian, T. A., Song, A., & Holick, M. F. (2019). Disassociation of Vitamin D’s Calcemic Activity and Non-calcemic Genomic Activity and Individual Responsiveness: A Randomized Controlled Double-Blind Clinical Trial. Scientific Reports, 9(1). doi: 10.1038/s41598-019-53864-

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Knochen, Muskeln und Sturzgefahr

Knochen, Muskeln und Sturzgefahr

Vitamin-D-Mangel kann bei älteren Menschen zu Osteopenie, Osteoporose und erhöhtem Sturzrisiko führen. In dieser klassischen Rolle fördert Vitamin D die Knochengesundheit bei jüngeren und älteren Erwachsenen, hat seinen Siegeszug gegen die Kinderkrankheit Rachitis angetreten und verhindert Frakturen bei den Älteren der Gesellschaft. Seit einiger Zeit wird jedoch auch die Rolle von Vitamin D in der Muskelkrafterhaltung und Sturzverminderung betont.

Vitamin D stärkt Knochen und verhindert Alterung

Vitamin D-Mangel ist eine weit verbreitete medizinische Diagnose, die eine wichtige Rolle bei der menschlichen Knochengesundheit spielt. Ein schwerer Vitamin-D-Mangel (25-OH-D < 10 ng/ml) führt bei Kindern zu Rachitis und bei Erwachsenen zu einer Osteomalazie (=Knochenerweichung) und Osteoporose (=Knochenschwund), was  zu Knochenschmerzen und Frakturen bzw. Deformierung der Knochen führt (1, 2).

Vitamin D ist ein entscheidender Faktor  beim Kalzium- und Phosphorstoffwechsel und hilft sicherzustellen, dass ausreichende Mengen dieser Mineralstoffe für metabolische Funktionen und zur Knochenmineralisierung zur Verfügung stehen. Das Sonnenhormon erhöht die Effizienz der Calciumabsorption im Darm von 10-15% auf 30-40%. Auf der Grundlage mehrerer Tierversuche wird angenommen, dass Vitamin D auch die Phosphoraufnahme  über den Darm von 50-60% auf etwa 80% erhöht (3).

poröser Knochen

Eine Studie (4) von Wissenschaftlern am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und der Universität von Kalifornien konnte nachweisen, dass ein Mangel an Vitamin D nicht nur den Aufbau und den Erhalt der Knochen bremst, sondern die Knochen auch vorzeitig altern lässt. Die Gefahr von Knochenbrüchen wächst.

Ursache für den Alterungsprozess sei eine Mineralisationsstörung, so der Studienleiter Dr. Björn Busse. Ohne ausreichendes Vitamin D gelingt die Einlagerung von Kalzium, dem "Knochenbau-Material", bei der ständigen Erneuerung und beim Umbau der Knochen nicht.

Wird das neu angelegte Gewebe nicht mineralisiert, belegt das unmineralisierte Gewebe einen großen Teil der Knochenoberfläche und verhindert so die Einlagerung der Knochenzellen.


Stärkung der Muskulatur durch Vitamin D

Neben der positiven Wirkung auf die Knochendichte hat Vitamin D einen unmittelbaren stärkenden Effekt auf die Muskulatur, was neben einer Begünstigung des Kalziumeinstroms in die Muskelzelle durch eine rezeptorvermittelte Stimulation der Muskelproteinsynthese erklärt wird (5, 6). Möglicherweise ist dieser Zusatzeffekt für die Frakturreduktion unter Vitamin-D-Supplementierung entscheidend, da Stürze der primäre Risikofaktor für Frakturen sind.

Dies untermauern auch Studienergebnisse, wonach es bereits nach zwei bis drei Monaten der Supplementierung von Vitamin D zu einer signifikanten Reduktion des Sturzrisikos kommt, die Muskulatur also sehr schnell auf eine Vitamin-D-Zufuhr reagiert, und wonach sich die Frakturreduktion bereits nach etwa sechs Monaten bemerkbar macht (7).


Das Sonnenhormon vermindert Sturzrisiko

In einer 2004 publizierten Meta-Analyse (8), basierend auf 5 randomisierten Doppelblindstudien (1237 Teilnehmer), reduzierte Vitamin D das Sturzrisiko einer älteren Person um 22% im Vergleich zu Placebo oder Kalzium. Die bei der Beurteilung von Therapien immer sehr wichtige “Number needed to treat” (NNT) war 15, was bedeutet, dass 15 Personen therapiert werden müssten, um eine Person vor einem Sturz zu bewahren.

Die weitere Analyse der Daten ergab auch in diesem Zusammenhang wieder, dass die ausreichend hohe Dosierung von Vitamin D sehr wichtig ist. In einer Studie (9), die nur geringe Gaben von 400 I.E. Vitamin D untersuchte, kam es zu keiner Sturzreduktion, während in zwei Studien, die 800 I.E. Vitamin D plus Kalzium (1.200 mg/Tag) testeten, eine Verminderung des Sturzrisikos um 35% auftrat (8).

Ab dem 75. Lebensjahr ist die Hüftfraktur die häufigste Fraktur, wobei bis zu 50% der Betroffenen mit einer dauerhaften Behinderung rechnen müssen, 15% bis 25% droht der Eintritt in eine Pflegeinstitution, und bis zu 20% versterben im ersten Jahr nach ihrer Fraktur (10,11,12). Die exponentielle Zunahme der Hüftfrakturen führt zu einer geschätzten Häufigkeit von einer unter 3 Frauen, und einem unter 6 Männern mit einer erlittenen Hüftfraktur in der neunten Lebensdekade. Analog ist die durch Hüftbrüche verursachte Behinderung in der älteren Bevölkerung enorm und die geschätzten Kosten sollen allein in den USA von 7,2 Milliarden im Jahr 1990 auf 16 Milliarden im Jahr 2020 ansteigen (13). Diese gewaltige Zahlen unterstreichen die Bedeutung der Knochengesundheit für unsere gesamte Gesundheit und unser Gesundheitssystem.

Quellen:

  1. Gani, L. U., & How, C. H. (2015, August). PILL Series. Vitamin D deficiency. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4545131/
  2. Dawson-Hughes B, Harris SS, Krall EA, Dallal GE. Effect of calcium and vitamin D supplementation on bone density in men and women 65 years of age or older. The New England journal of medicine 1997;337(10):670–6.
  3. Wacker, M., & Holick, M. F. (2013, January 10). Vitamin D – effects on skeletal and extraskeletal health and the need for supplementation. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3571641/
  4. Björn Busse et al., Vitamin D Deficiency Induces Early Signs of Aging in Human Bone, Increasing the Risk of FractureScience Translational Medicine, 10 July 2013, 5/193, p. 193ra88
  5. Bischoff-Ferrari, H. A., Borchers, M., Gudat, F., Dürmüller, U., Stähelin, H. B., & Dick, W. (2004, February). Vitamin D receptor expression in human muscle tissue decreases with age. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14969396
  6. Ceglia, L., Da Silva Morais, M., Park, L. K., Morris, E., Harris, S. S., Bischoff-Ferrari, H. A., . . . Dawson-Hughes, B. (2010, April). Multi-step immunofluorescent analysis of vitamin D receptor loci and myosin heavy chain isoforms in human skeletal muscle. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20549314
  7. Bischoff-Ferrari, H. A., Dawson-Hughes, B., Staehelin, H. B., Orav, J. E., Stuck, A. E., Theiler, R., . . . Henschkowski, J. (2009, October 01). Fall prevention with supplemental and active forms of vitamin D: A meta-analysis of randomised controlled trials. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19797342
  8. Bischoff-Ferrari, H. A., Dawson-Hughes, B., Willett, W. C., Staehelin, H. B., Bazemore, M. G., Zee, R. Y., & Wong, J. B. (2004, April 28). Effect of Vitamin D on falls: A meta-analysis. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15113819
  9. Graafmans, W. C., Ooms, M. E., Hofstee, H. M., Bezemer, P. D., Bouter, L. M., & Lips, P. (1996, June 01). Falls in the elderly: A prospective study of risk factors and risk profiles. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8633602
  10. Magaziner, J., Hawkes, W., Hebel, J. R., Zimmerman, S. I., Fox, K. M., Dolan, M., . . . Kenzora, J. (2000, September). Recovery from hip fracture in eight areas of function. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10995047
  11. Tinetti, M. E., & Williams, C. S. (1997, October 30). Falls, injuries due to falls, and the risk of admission to a nursing home. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9345078
  12. Cummings, S. R., Kelsey, J. L., Nevitt, M. C., & O’Dowd, K. J. (1985). Epidemiology of osteoporosis and osteoporotic fractures. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3902494
  13. Cummings, S. R., Rubin, S. M., & Black, D. (1990, March). The future of hip fractures in the United States. Numbers, costs, and potential effects of postmenopausal estrogen. Retrieved from https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2302881

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