Vitamin D-Mangel kann Autismus verursachen – Studie beweist Zusammenhänge

Hintergrund

Unter Autismus (Engl. Autism spectrum disorder (ASD)) werden definitionsgemäß sich entwickelnde Dysfunktionen zusammengefasst, die durch persistierende Defizite im Bereich sozialer Interaktion, Beeinträchtigungen in der verbalen und nonverbalen Kommunikation sowie in stereotypen Verhaltensmustern in Bezug auf Interessen und Aktivitäten gekennzeichnet sind.

Zunehmend finden sich Beweise dafür, dass ein sehr früher Vitamin-D-Mangel, entweder bereits in der Schwangerschaft oder aber in der frühen Kindheit, Autismus verursachen kann. Vitamin D spielt als Metabolit (biochemisches Zwischenprodukt) beim (Neuro-)Steroidstoffwechsel eine entscheidende Rolle und hat als solches eine außerordentlich wichtige Bedeutung für die Gehirnentwicklung, die Zellerneuerung, die Differenzierung und die Calcium-Signalgebung sowie für neurotrophische und neuroprotektive Vorgänge. Es ist an der Regulierung von etwa 3% aller 26.000 Gene im menschlichen Genom beteiligt, um nur einen Teil der Aufgaben dieses lange unterschätzten Vitamins zu nennen.


Studienlage

Der amerikanische Arzt Dr. JJ Cannell publizierte in einer aktuellen Übersichtsarbeit, dass Kinder, die bereits autistisch sind oder als dafür gefährdet eingestuft werden, einen eklatant niedrigeren Vitamin-D-Spiegel haben im Vergleich zu unauffälligen anderen Kindern, und zwar schon während der Schwangerschaft, bei der Geburt und/oder im Alter von acht Jahren (Cannell 2017).

In einer randomisierten Kontrollstudie (RCT) erhielten Kinder mit ASD Vitamin D als Supplementation (Saad et al. 2016). RCTs gelten als verlässliche Grundlage zum empirischen Beweis für die Wirksamkeit von medizinischen Therapien. Untersucht wurden 85 Jungen und 24 Mädchen mit ASD im Alter von 3-10 Jahren. Ziel der Studie war herauszufinden, welche Wirkung die Vitamin-D-Gabe in Bezug auf die Kernsymptome von Autismus bei Kindern hat. Die Probanden erhielten über den Zeitraum von vier Monaten Vitamin D3 (300 IE/kg/Tag, max. 5000 IE/Tag) oder ein Placebo. Der Vitamin-D-Spiegel wurde jeweils vor Beginn und bei Ende der Studie gemessen. Grundlage zur Einschätzung der autistischen Kernsymptome war  u. a. die „Childhood Autism Rating Scale“ (CARS).

Die Autismussymptome besserten sich unter der Vitamin D-Gabe innerhalb der Studiendauer signifikant, jedoch nicht in der Placebo Gruppe. Bei etwa der Hälfte der Kinder verschwanden die Symptome ganz (CARS unter 30). Bei 25% der Kinder stellte sich eine deutliche Besserung ein und lediglich bei 25% zeigte sich keine nennenswerte Wirkung.

Um Vitamin-D-Mangel und damit Autismus bei Kindern präventiv und kurativ zu begegnen, ergeben die Studien also eine sinnvolle Supplementierung von 300 IE/kg Körpergewicht/Tag. Mehrere andere Publikationen zeigen, dass bei schwangeren und stillenden Frauen 4000 bzw. 6000 IE Vitamin D/Tag nicht nur sicher sind, um Mutter und Kind ausreichend mit Vitamin D zu versorgen, sondern weitere positive Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf und die spätere Gesundheit der Kinder haben (Hollis und Wagner 2013).


Fazit

Diese Studien zeigen erneut, dass eine ausreichend dosierte Vitamin-D-Supplementierung präventiv und kurativ bei allen, insbesondere aber bei neurodegenerativen Erkrankungen, unbedingt in Betracht gezogen werden sollte.


Quellen:

Cannell, John Jacob (2017): Vitamin D and autism, what’s new? In: Reviews in endocrine & metabolic disorders. DOI: 10.1007/s11154-017-9409-0.

Hollis, Bruce W.; Wagner, Carol L. (2013): Vitamin D and pregnancy: skeletal effects, nonskeletal effects, and birth outcomes. In: Calcified tissue international 92 (2), S. 128–139. DOI: 10.1007/s00223-012-9607-4.

Saad, Khaled; Abdel-Rahman, Ahmed A.; Elserogy, Yasser M.; Al-Atram, Abdulrahman A.; El-Houfey, Amira A.; Othman, Hisham A. K. et al. (2016): Randomized controlled trial of vitamin D supplementation in children with autism spectrum disorder. In: Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines. DOI: 10.1111/jcpp.12652.

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