Vitamin D und das tödliche Quartett (Metabolisches Syndrom)

Vitamin D und das tödliche Quartett (Metabolisches Syndrom)

Das Metabolische Syndrom als multikausales Krankheitsbild moderner Zeiten äußert sich durch das gleichzeitige Auftreten von Übergewicht, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung und Insulinresistenz als Folge eines falschen Lebensstils. Alle 4 Erscheinungen sind Krankheitssymptome, die das Risiko für ein früheres Ableben drastisch erhöhen. Eine Reihe von Studien spricht für einen deutlichen Zusammenhang zwischen Vitamin D-Mangel und dem Krankheitsbild des Metabolischen Syndroms.

Die häufigsten Folgeerscheinungen des Metabolischen Syndroms sind bekannt als Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Verschiedene lebensstilbedingte Veränderungen wie Gewichtsreduktion durch die Einschränkung von Zucker und einfache Kohlenhydrate, regelmäßige Bewegung, Einschränkung des Drogenkonsums inklusive Alkohol aber natürlich auch ernährungstechnische Umstellungen können getroffen werden, um den Stoffwechsel wieder ins Lot zu bringen.

Zusätzlich zu den erwähnten Lebensstilfaktoren zeigen vorhandene Forschungsarbeiten, dass Vitamin D ebenfalls eine wesentlichen Rolle spielt, wenn es um die Verhinderung des Metabolischen Syndroms geht. Beispielsweise kann Vitamin D nachteilige Wirkungen eines aus dem Ruder gelaufenen Stoffwechsels umkehren, indem es Signalmechanismen blockiert oder durch Fettleibigkeit hervorgerufenen Entzündungen entgegenwirkt, die Insulinresistenz verbessert und den Bluthochdruck senkt, so das amerikanische Forschungszentrum für Sonnenlicht, Ernährung und Gesundheit in einer Arbeit aus dem Sommer 2019 (1). Da gerade die Fettleibigkeit jedoch häufig auch mit Bewegungsmangel an frischer Luft einhergeht, wird ein Vitamin D-Mangel begünstigt. Es entsteht ein Teufelskreis.

Optimale Vitamin D-Spiegel senkten die Gesamtmortalität und die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Patienten mit metabolischem Syndrom erheblich, so die Schlussfolgerung der Autoren der Ludwigshafener Risiko-Studie aus dem Jahr 2012, bei der 1801 Patienten mit der Diagnose Metabolisches Syndrom untersucht wurden. 92% der Teilnehmer waren von Vitamin D-Mangel (< 20ng/ml) betroffen, wobei 22% sogar die 10 ng/ml unterschritten, also einen extremen Mangel aufwiesen. Die Gesamtmortalität von Patienten mit optimalen Vitamin D-Spiegeln war um 75% niedriger als die Vergleichsgruppe mit extremem Vitamin D-Mangel (Abb. 1). Für kardiovaskulär bedingte Mortalität wurde sogar eine Reduktion von 85% für die regelrecht Versorgten ermittelt. Auch die Herzinsuffizienz war in dieser Gruppe um ganze 76% geringer (2).

Abb. 1: Die Sterblichkeit bei Patienten mit dem Metabolischen Syndrom steigt mit sinkendem Vitamin D (nach 2).

In China wurde 2016 eine Studie veröffentlicht, deren Ergebnisse einen Vitamin D-Mangel als einen Risikofaktor für die Manifestation eines Metabolischen Syndroms bei 270 Patienten mit Typ 2-Diabetes nahe legten. Patienten mit den niedrigsten Vitamin D-Spiegeln und einem BMI >24 wiesen ein 3,26-fach höheres Risiko für ein Metabolisches Syndrom auf. Die chinesischen Forscher stellen in diesem Zusammenhang fest, dass eine Abnahme des Vitamin D-Spiegels um 10 ng/ml das Risiko für ein Metabolisches Syndrom bei solchen Patienten um den Faktor 2 erhöht (3).

Im Jahr 2017 folgten ähnliche Ergebnisse aus Japan, die an gesunden Erwerbstätigen durchgeführt wurde. Von den 1790 Arbeitern im Alter von 18 bis 69 Jahre, wurde ein umgekehrter Trend von Vitamin D-Spiegel und dem Risiko, am Metabolischen Syndrom zu erkranken, dokumentiert. Demzufolge hatten die Probanden, deren Vitamin D-Spiegel die 30 ng/ml-Grenze überschritten, ein um 48% geringeres Risiko am Metabolischen Syndrom zu erkranken, als die Vergleichsgruppe mit Vitamin D-Spiegeln von unter 20 ng/ml (4). So ganz nebenbei unterstreicht dieses Ergebnis im Übrigen wieder einmal mehr die Richtigkeit eines Grenzwertes für einen Vitamin D-Mangel von 30 ng/ml.

2019 bestätigte sich diese Beobachtung bei einer  Forschungsarbeit aus Katar eindrucksvoll: Bei den 700 beobachteten Frauen im Alter von 20-80 Jahren, war das Risiko, ein Metabolisches Syndrom zu entwickeln, bei der Gruppe mit Vitamin D-Werten im unteren Viertel um ganze 92% höher als bei den Frauen, die der Gruppe mit den höchsten Vitamin D-Spiegel angehörten (5).

Fazit: Die Studienlage erlaubt folgende Schlussfolgerungen: Entweder fördert ein Vitamin D-Mangel die Entstehung eines Metabolischen Syndroms oder aber das Metabolische Syndrom begünstigt die Manifestation eines schweren Vitamin D-Mangels. Beides ist katastrophal in Bezug auf damit in Zusammenhang stehenden Krankheitsbilder. Insofern ist ein guter Vitamin D-Spiegel in jedem Fall ein Muss in der Prävention und Behandlung des Metabolischen Syndroms. Neben dem Sonnenhormon sind aber auch weitere wichtige Lebensstilfaktoren zur Prävention des sogenannten "tödlichen Quartetts" von Bedeutung. Zu ihnen zählen eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, Verzicht auf Alkoholkonsum und Rauchen, Entspannungsphasen und weitere Maßnahmen die einen gesunden Lebensstil ausmachen.

Quellen:

  1. Moukayed, M., & Grant, W. B. (2019). Linking the metabolic syndrome and obesity with vitamin D status: risks and opportunities for improving cardiometabolic health and well-being. Diabetes, Metabolic Syndrome and Obesity: Targets and Therapy, Volume 12, 1437–1447. doi: 10.2147/dmso.s176933 
  2. Thomas, G. N., Hartaigh, B. o, Bosch, J. A., Pilz, S., Loerbroks, A., Kleber, M. E., … Marz, W. (2012). Vitamin D Levels Predict All-Cause and Cardiovascular Disease Mortality in Subjects With the Metabolic Syndrome: The Ludwigshafen Risk and Cardiovascular Health (LURIC) study. Diabetes Care, 35(5), 1158–1164. doi: 10.2337/dc11-1714 
  3. Pan, G.-T., Guo, J.-F., Mei, S.-L., Zhang, M.-X., Hu, Z.-Y., Zhong, C.-K., … Zhang, Z.-L. (2016). Vitamin D Deficiency in Relation to the Risk of Metabolic Syndrome in Middle-Aged and Elderly Patients with Type 2 Diabetes Mellitus. Journal of Nutritional Science and Vitaminology, 62(4), 213–219. doi: 10.3177/jnsv.62.213
  4. Akter, S., Eguchi, M., Kurotani, K., Kochi, T., Kashino, I., Ito, R., … Mizoue, T. (2017). Serum 25-hydroxyvitamin D and metabolic syndrome in a Japanese working population: The Furukawa Nutrition and Health Study. Nutrition, 36, 26–32. doi: 10.1016/j.nut.2016.02.024
  5. Ganji, V., Sukik, A., Alaayesh, H., Rasoulinejad, H., & Shraim, M. (2019). Serum vitamin D concentrations are inversely related to prevalence of metabolic syndrome in Qatari women. BioFactors. doi: 10.1002/biof.1572

Titelbild: von (Joenomias) Menno de Jong auf Pixabay

Down-Syndrom: Erhöhtes Risiko für Vitamin D-Mangel bei Kindern und Jugendlichen mit Trisomie 21

Down-Syndrom: Erhöhtes Risiko für Vitamin D-Mangel bei Kindern und Jugendlichen mit Trisomie 21

Weltweit haben circa 5 Millionen Menschen das Down-Syndrom. Bei ihnen ist das Chromosom Nr. 21 dreifach vorhanden (daher auch häufig „Trisomie 21“ genannt), wodurch die körperliche und geistige Entwicklung beeinflusst wird. Menschen mit Down-Syndrom haben häufiger angeborene Erkrankungen oder Funktionsstörungen wie beispielsweise Herzfehler, Darmfehlbildungen, Seh- und Hörstörungen (1). Verschiedene Studien, deren Ergebnisse wir Ihnen im Folgenden zusammenfassen, zeigen, dass auch auf den Vitamin D-Spiegel beim Down-Syndrom besonders geachtet werden sollte.

Die italienischen Wissenschaftler Stagi et al. der Florentinischen Anna Meyer Kinder-Uniklinik und der Universität Florenz untersuchten im Jahr 2015 den Vitamin D-Status von 31 Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom und verglichen diesen mit Kontrollpersonen gleichen Alters und Geschlechts (2). Die Studienteilnehmer waren alle in der Region Toskana in Italien wohnhaft (44. nördlicher Breitengrad).

Neben dem Ergebnis, dass sich selbst ein Großteil (89%) der Kontrollpersonen im Mangelbereich befand, zeigte die Studie, dass die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen mit Trisomie 21 im Vergleich signifikant niedrigere Vitamin D-Spiegel aufwiesen: 

32,2% hatten einen extremen Vitamin D-Mangel (<10 ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 20,2%), 45,2% einen Mangel (11-20 ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 35,4%), 16,1% ein Defizit (21-30 ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 33,3%) und nur 6,5% befanden sich im von den Autoren definierten Normalbereich (>30ng/ml; vgl. Kontrollgruppe: 11,1%). [Anmerkung: Um von allen gesundheitlichen Vorteilen des Vitamin D profitieren zu können, empfehlen wir einen Vitamin D-Spiegel oberhalb von 40 ng/ml. Hier erfahren Sie, warum >>]

Auch die Parathormonspiegel der mangelversorgten Kinder und Jugendlichen mit Down-Syndrom waren im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant höher. 

Innerhalb der Gruppe von Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom gab es desweiteren statistisch signifikante Unterschiede zwischen den normal- und übergewichtigen Teilnehmern, sowie zwischen den Teilnehmern mit und ohne Autoimmunerkrankungen. So hatten die Teilnehmer mit Down-Syndrom eher einen Vitamin D-Mangel, wenn sie übergewichtig und/oder autoimmunerkrankt waren.

Zudem testeten Stagi et al., ob eine tägliche Supplementierung von oftmals für Kinder empfohlenen 400 I.E. Vitamin D bei den getesteten Kindern zu angemessenen Vitamin D-Spiegeln führt. Zwar waren die Vitamin D-Spiegel bei allen Probanden nach einem Jahr täglicher Supplementierung mit 400 I.E. signifikant angestiegen, doch die Spiegel der Kinder mit Trisomie 21 waren auch hier signifikant weniger angestiegen als bei den Kindern in der Kontrollgruppe, insbesondere wenn Übergewicht und/oder Autoimmunerkrankungen vorhanden waren. Hier können Sie nachlesen, welche Vitamin D-Dosen wir für Kinder und Jugendliche empfehlen >>

Die Studienautoren schlussfolgerten, dass Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom nicht nur ein größeres Risiko für einen Vitamin D-Mangel aufweisen, sondern auch eine höhere Supplementierungsdosis benötigen als ihre Altersgenossen ohne das Syndrom. Besonders betroffen sind die Kinder mit Down-Syndrom, bei denen auch Übergewicht oder eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert sind.

Zwei weitere Studien (3, 4) aus dem Jahr 2018 bestätigen den von Stagi et al. ermittelten stärker ausgeprägten Vitamin D-Mangel bei Kindern mit Trisomie 21:

Die Wissenschaftler Bokhari et al. (2018) untersuchten die Prävalenz (= Kennzahl für die Krankheitshäufigkeit) von Autoimmunerkrankungen und Vitamin-D-Mangel bei 429 Kindern (< 18 Jahre aus Saudi-Arabien) mit Down-Syndrom (3). In dieser Gruppe Kinder wiesen 65,5% einen Vitamin D-Mangel auf. 

Allerdings ist zu betonen, dass Bokhari und seine Kollegen in ihrer Studie einen Mangel als <20 ng/ml definierten und Werte oberhalb von 20 ng/ml als “normal” ansahen. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen allerdings, dass erst Vitamin D-Spiegel von mindestens 30 ng/ml – optimalerweise sogar ab 40 ng/ml aufwärts – als ausreichend anzusehen sind. Aus diesem Grund ist anzunehmen, dass die Rate der Kinder mit Down-Syndrom und Vitamin D-Mangel in der Studie von Bokhari et al. bei entsprechender Mangel-Definition von < 30 ng/ml noch weitaus höher ausgefallen wäre.

In der Studie der Wissenschaftlern El-Hawary et al. (4) wurde der Vitamin D-Status bei 30 Kindern mit Down-Syndrom und bei 20 Kindern ohne Down-Syndrom (Kontrollgruppe) ermittelt. Die Kinder waren zwischen 2 und 6 Jahre alt. Auch in dieser Studie hatten die Kinder mit Down-Syndrom signifikant niedrigere Vitamin D-Spiegel als ihre Altersgenossen aus der Kontrollgruppe: 6,7% hatten einen extremen Mangel (<10 ng/ml) und 53,3% einen Mangel (hier definiert als 10-32 ng/ml). Vierzig Prozent der Kinder mit Down-Syndrom wies einen Spiegel oberhalb von 32 ng/ml auf. In der Kontrollgruppe befanden sich 20% im Mangelbereich und 80% hatten Werte im Normalbereich.

Auffallend ist, dass die Werte in den verschiedenen Studien stark auseinander gehen. Faktoren, die diese Unterschiede erklären könnten, sind zum einen geographische Unterschiede (Italien, Ägypten, Saudi-Arabien) mit dementsprechend unterschiedlicher Distanz zum Äquator (je näher am Äquator desto höher die Sonnenintensität), sowie kulturelle Unterschiede (z.B. Verschleierung).

Allen Studien ist jedoch gemein, dass signifikante Unterschiede im Vitamin D-Status zwischen den Kindern bzw. Jugendlichen mit und ohne Down-Syndrom ermittelt wurden: Kinder mit Down-Syndrom wiesen signifikant häufiger einen Vitamin D-Mangel auf als Kinder ohne Down-Syndrom.

Menschen mit Down-Syndrom haben häufig typische Begleiterkrankungen und Symptome, die wiederum mit einem Vitamin D-Mangel in Zusammenhang gebracht werden können. So erkranken Kinder mit Down-Syndrom z.B. häufiger an Infektionen, besonders der Atemwege, Autoimmunerkrankungen (z.B. Typ-1-Diabetes), Zöliakie, Depressionen und Autismus (5). Zudem ist beim Down-Syndrom das Risiko für Leukämie (Blutkrebs) und Demenz im Alter erhöht (5). Studien zeigen, dass ein angemessener Vitamin D-Spiegel in der Allgemeinbevölkerung das Risiko für die Entstehung der genannten Erkrankungen senken kann. Somit ist auch bei Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom durch eine Korrektur des Vitamin D-Spiegels von positiven Effekten auf das Eintreten bzw. Ausmaß für typische Begleiterkrankungen auszugehen. Über die folgenden Verlinkungen erfahren Sie mehr über die Studien zum Zusammenhang zwischen Vitamin D & dem Immunsystem, Atemwegserkrankungen, Diabetes, Lebensmittelunverträglichkeiten, Depressionen, Autismus, Krebs und Demenz.

Fazit:

Auch wenn es bisher nur wenige Studien zum Thema Down-Syndrom und Vitamin D-Mangel gibt, zeigen die vorhandenen Studien eindeutig, dass Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne Down-Syndrom ein größeres Risiko für einen Vitamin D-Mangel aufweisen. Aufgrund der zahlreichen gesundheitsförderlichen Effekte, die mit einem adäquaten Vitamin D-Spiegel einhergehen, sollte der Vitamin D-Status bei Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom regelmäßig bestimmt werden und ein angemessener Vitamin D-Spiegel durch Supplementierung angestrebt werden. Es ist aufgrund allgemeiner Studienergebnisse davon auszugehen, dass ein angemessener Vitamin D-Spiegel sich bei Menschen mit Down-Syndrom auch positiv auf (die Entstehung von) typischen Begleiterkrankungen auswirkt.